Zu einigen Fragen der zionistischen Unterdrückung und der permanenten Revolution in Palästina

Überlegungen zu einigen Besonderheiten des Staates Israel, der nationalen Unterdrückung des palästinensischen Volkes und ihren Konsequenzen für das revolutionäre Programm in Palästina

Von Michael Pröbsting

 

Vorwort der Redaktion: Im Folgenden veröffentlichen wir die deutschsprachige Übersetzung des Essays „On some Questions of the Zionist Oppression and the Permanent Revolution in Palestine“. Darin behandelt der Autor, Michael Pröbsting, eine Reihe von Frage der Analyse und der revolutionären Strategie im besetzten Palästina.

Das Essay erschien ursprünglich in Revolutionary Communism Nr. 10 (Juni 2013) – dem englischsprachigen Organ der Revolutionär-Kommunistische Internationale Tendenz (RCIT).

Michael Pröbsting, ist der Internationale Sekretär der RCIT. Die RKO BEFREIUNG ist die österreichische Sektion der RCIT.

Der Text wurde von Max Kmiecik übersetzt.

 

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Die palästinensische Revolution ist eine zentrale Frage des internationalen Klassenkampfes und das schon seit über einem halben Jahrhundert. Der Grund dafür ist, daß sie eines der größten Verbrechen des Imperialismus des 20. Jahrhundert behandelt. Es symbolisiert die Barbarei der imperialistischen Großmächte, die ein ganzes Volk von ihrem historischen Heimatland durch die künstliche Schaffung eines Siedlerstaates vertrieben und zum Zweck, dadurch die Kontrolle über eine geostrategisch äußerst wichtige Region – dem Nahen Osten – zu erlangen.

Wenig überraschend sind Palästina und Israel Ort vieler Kriege gewesen – 1948, 1956, 1967, 1973, 1982, 2006, 2008/09 und 2012. Außerdem wurden wir Zeuge von zwei palästinensischen Intifadas (Volksaufstände), welche in den Jahren 1987 und 2000 ihren Anfang nahmen und jeweils einige Jahre andauerten. Die Arabische Revolution, welche bereits im Jahr 2011 begann, sorgte dafür, daß die Bedeutung der palästinensischen Revolution immer größer wurde.

Für uns Bolschewiki-Kommunisten hat die palästinensische Frage immer eine zentrale Rolle gespielt, sowohl in der Theorie als auch in der Praxis. Niemand kann auch nur ansatzweise Revolutionär/in sein, ohne konsequent gegen Zionismus und den israelischen Apartheidstaat zu kämpfen und für seine Ersetzung durch einen ArbeiterInnenstaat vom Jordanfluss bis zum Mittelmeer einzutreten, was das Recht auf Rückkehr für alle palästinensischen Flüchtlinge miteinschließt.

Dies ist und war die Position all jener, welche in der Tradition des authentischen Marxismus stehen. Diese selbstverständliche revolutionäre Herangehensweise zur palästinensischen Revolution stellte ein wichtiges Element in der Fusion der Revolutionary Communist International Tendency (RCIT) und der Internationalist Socialist League (ISL) in Israel/Besetztes Palästina dar. Beide Organisationen verteidigten in der Vergangenheit eine revolutionäre Perspektive gegen den Zionismus, für eine bedingungslose Unterstützung des palästinensischen Freiheitskampfes und für einen ArbeiterInnenstaat vom Jordanfluss bis zum Mittelmeer mit dem Recht auf Rückkehr für die palästinensischen Flüchtlinge. Die Diskussion rund um den Fusionsprozess war sehr fruchtbar und half uns unsere gemeinsames Verständnis zu vertiefen. Ein wichtiges Ergebnis davon, war der Entwurf für ein Aktionsprogramm für die nationale Befreiung und sozialistische Revolution in Palästina.

Im folgenden Dokument wollen wir einige grundlegenden Fragen zur Strategie der Permanenten Revolution in Palästina umreißen

 

Trotzkis Theorie der Permanenten Revolution

 

Beginnen wir mit einer kurzen Zusammenfassung von Trotzkis Konzept der Permanenten Revolution. Es basiert auf dem dialektischen Konzept, daß die Revolution nicht schematisch in Etappen unterteilt werden kann, welche starr voneinander getrennt sind. Das heißt nicht, daß es keine verschiedenen Etappen in der Entwicklung der Revolution gibt. Das ist sehr wohl der Fall. Aber in allen Etappen der Revolution ist es dieselbe Klasse, welche den Kampf anführen muss, um sowohl die demokratischen als auch ökonomischen Ziele der Revolution zu verwirklichen: die ArbeiterInnenklasse.

Natürlich muß die ArbeiterInnenklasse Verbündete unter der Bauernschaft und dem städtischen Kleinbürgertum suchen. Aber es ist das Proletariat, und nur das Proletariat, welches den Kampf zum Sieg führen kann. Der Grund dafür ist, daß die Bauernschaft und das städtische Kleinbürgertum – unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke – keine Klassen sind, die unabhängig handeln können, und daher auch keine führende Rolle spielen können. Sie müssen sich viel mehr früher oder später einer der beiden Hauptklassen der kapitalistischen Gesellschaft unterordnen – dem Proletariat oder der Bourgeoisie.

Daraus folgt, daß in allen Etappen der Revolution das strategische Ziel die Etablierung der Diktatur des Proletariats und nicht irgendeiner anderen Macht einer anderen Klasse ist. Während vorübergehende Blöcke mit einem Sektor der Bourgeoise nicht ausgeschlossen werden können, wäre es aber höchst kriminell gegenüber der ArbeiterInnenklasse, ihre Ziele und Interessen unterzuordnen, nur um eine potentielle Allianz mit solch bourgeoisen Kräften zu ermöglichen. Es wäre noch krimineller die Machtergreifung bürgerlicher Kräfte zu unterstützen. Jeder Sektor der halb-kolonialen Bourgeoisie wird nach einem Ausgleich mit dem Imperialismus trachten und die ArbeiterInnenklasse sowie die Volksmassen verraten.

Die Theorie der Permanenten Revolution folgert, daß wenn die Revolution nicht bis zur sozialistischen Ergreifung der Macht vorangetrieben wird, sie unausweichlich zum Sieg der herrschenden Klasse und zur Konterrevolution führen wird. Auf ähnliche Weise weist die Theorie der Permanenten Revolution darauf hin, daß die Revolution nicht siegreich bleiben kann in einem einzelnen Land (entgegen, dem was Stalin behauptete), sondern sich international ausweiten muss. Die moderne Wirtschaft, insbesondere im Zeitalter des globalen Kapitalismus, macht alle Länder abhängig vom internationalen Austausch von Gütern, Technologie und Wissen. Darüber hinaus würden die imperialistischen Mächte früher oder später eine erfolgreiche Revolution in einem Land nicht tolerieren. MarxistInnen unterstützen die Strategie der Permanenten Revolution also nicht, weil sie radikaler oder „aufregend“ ist, sondern weil sie den einzigen realistischen Weg aufzeigt, das kapitalistische System zu überwinden und eine wahrhaftige sozialistische Gesellschaft aufzubauen. [1]

In seinem Buch „Die Permanente Revolution“, geschrieben 1929, erklärt Trotzki die drei grundlegenden Elemente seiner Theorie:

Die permanente Revolution in dem Sinne, den Marx diesem Begriff gegeben hat, bedeutet eine Revolution, die sich mit keiner Form der Klassenherrschaft abfindet, die bei der demokratischen Etappe nicht haltgemacht, zu sozialistischen Maßnahmen und zum Kriege gegen die Reaktion von außen übergeht, also eine Revolution, deren jede weitere Etappe in der vorangegangenen verankert ist und die nur enden kann mit der restlosen Liquidierung der Klassengesellschaft überhaupt. Um jenes Chaos zu zerstreuen, das um die Theorie der permanenten Revolution geschaffen wurde, ist es nötig, drei Gedankenreihen zu unterscheiden, die sich in dieser Theorie vereinigen. Erstens umfaßt sie das Problem des Überganges der demokratischen Revolution in die sozialistische. Dies ist eigentlich die historische Entstehung der Theorie. (…)

Diesen Ideen und Stimmungen erklärte die im Jahre 1905 neu erwachte Theorie der permanenten Revolution den Krieg. Sie zeigte, daß die demokratischen Aufgaben der zurückgebliebenen bürgerlichen Nationen in unserer Epoche zur Diktatur des Proletariats führen und daß die Diktatur des Proletariats die sozialistischen Aufgaben auf die Tagesordnung stellt. Darin bestand die zentrale Idee der Theorie. Lautete die traditionelle Meinung, daß der Weg zur Diktatur des Proletariats über eine lange Periode der Demokratie führe, so stellte die Theorie der permanenten Revolution fest, daß für die zurückgebliebenen Länder der Weg zur Demokratie über die Diktatur des Proletariats gehe. Dadurch allein wird die Demokratie kein in sich selbst auf Jahrzehnte hin verankertes Regime, sondern eine unmittelbare Einleitung zur sozialistischen Revolution. Beide werden miteinander durch eine ununterbrochene Kette verbunden. Zwischen der demokratischen Umwälzung und der sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft entsteht auf diese Weise eine Permanenz der revolutionären Entwicklung.

Der zweite Aspekt der »permanenten« Theorie charakterisiert bereits die sozialistische Revolution als solche. Während einer unbestimmt langen Zeit und im ständigen inneren Kampfe werden alle sozialen Beziehungen umgestaltet. Die Gesellschaft mausert sich. Eine Wandlungsetappe ergibt sich aus der anderen. Der Prozeß bewahrt notwendigerweise einen politischen Charakter, d.h. er entwickelt sich durch Zusammenstöße verschiedener Gruppen der sich umgestaltenden Gesellschaft. Ausbrüche von Bürgerkriegen und äußeren Kriegen wechseln ab mit Perioden "friedlicher" Reformen. Revolutionen der Wirtschaft, der Technik, der Wissenschaft, der Familie, der Sitten und Gebräuche entwickeln sich in komplizierten Wechselwirkungen und lassen die Gesellschaft nicht ins Gleichgewicht kommen. Darin besteht der permanente Charakter der sozialistischen Revolution als solcher.

Der internationale Charakter der sozialistischen Revolution, der den dritten Aspekt der Theorie der permanenten Revolution bildet, ergibt sich aus dem heutigen Zustande der Ökonomik und der sozialen Struktur der Menschheit. Der Internationalismus ist kein abstraktes Prinzip, sondern ein theoretisches und politisches Abbild des Charakters der Weltwirtschaft, der Weltentwicklung der Produktivkräfte und des Weltmaßstabes des Klassenkampfes. Die sozialistische Revolution beginnt auf nationalem Boden. Sie kann aber nicht auf diesem Boden vollendet werden. Die Aufrechterhaltung der proletarischen Revolution in nationalem Rahmen kann nur ein provisorischer Zustand sein, wenn auch, wie die Erfahrung der Sowjetunion zeigt, einer von langer Dauer. Bei einer isolierten proletarischen Diktatur wachsen die inneren und äußeren Widersprüche unvermeidlich zusammen mit den wachsenden Erfolgen. Isoliert bleibend, muß der proletarische Staat schließlich ein Opfer dieser Widersprüche werden. Der Ausweg besteht für ihn nur in dem Siege des Proletariats der fortgeschrittenen Länder. Von diesem Standpunkte aus gesehen, ist eine nationale Revolution kein in sich selbst verankertes Ganzes: sie ist nur ein Glied einer internationalen Kette. Die internationale Revolution stellt einen permanenten Prozeß dar, trotz aller zeitlichen Auf- und Abstiege. [2]

So lautet das theoretische Konzept des revolutionären Marxismus bezüglich der inneren Mechanik des revolutionären Prozesses. Gehen wir nun weiter, um die spezifischen Probleme der permanenten Revolution in Palästina zu diskutieren.

 

Die Einzigartigkeit von Israel als kolonialer Siedler und Unterdrücker-Staat

 

Die nationale Unterdrückung des palästinensischen Volkes hat einen spezifischen Charakter, welcher sich als Konsequenz aus dem spezifischen Charakters des Unterdrückerstaates Israel ergibt. Es ist kein „typischer“ Staat, welcher eine andere Nation unterdrückt. Das ist eine falsche Annahme, von der viele Zentristen ausgehen wie die IMT, das CWI, und die Gruppen in der spartakistischen Tradition (ICL, IBT, IG), etc. In Wirklichkeit ist Israel – so wie die ISL, die RCIT, und ihre Vorgängerorganisationen schon seit vielen Jahren betonen – ein kolonialer Siedlerstaat. Er basiert auf der Vertreibung der großen Mehrheit der ursprünglichen Bevölkerung – den Palästinenser – von ihrem Heimatland und ihrer Ersetzung durch Siedler. Diese Siedler mussten mit der Hilfe der zionistischen Institutionen und imperialistischen Großmächte – meistens aus Europa – während des 20. Jahrhundert nach Palästina transportiert werden. Nur durch die Vertreibung der Palästinenser waren die Zionisten fähig einen „jüdischen Staat“ in einem Land zu errichten, in dem die Jüdinnen und Juden historisch eine verschwindend kleine Minderheit darstellten. Den offiziellen Statistiken des Osmanischen Reiches zufolge, stellten die Juden ursprünglich nur 4% (1880) und gerade mal 5% (1914) der totalen Bevölkerung. [3] Sogar in der Zeit der Entstehung des Staates Israel 1947/48 – nach Jahrzehnten der systematischen Vertreibung der Palästinenser und Einwanderungswellen jüdischer Siedler – stellten die Jüdinnen und Juden nur ein Drittel der gesamten Bevölkerung.

Wir sehen also bereits drei wichtige Unterschiede zu anderen kapitalistischen Staaten, welche andere Nationen unterdrücken:

* Die israelisch-jüdische Unterdrücker-„Nation“ stellte immer eine Minderheit dar im Vergleich zur Nation, die sie unterdrückten. Heute ist das Verhältnis von israelischen Jüdinnen und Juden und Palästinenser bei 1:2.

* Zweitens unterdrückt dieser Staat die Palästinenser nicht dort wo sie ursprünglich lebten, sondern vertrieb die Mehrheit aus ihrem Heimatland.

* Drittens ist es eine Unterdrückernation und ein Unterdrückerstaat die künstlich geschaffen wurden durch eine systematische Politik der Vertreibung der einheimischen Bevölkerung. (Nichtsdestotrotz besitzt die israelische „Nation“ nicht alle Charakteristika einer Nation, wie wir weiter unten diskutieren werden.)

Wenn wir aber die ganze Geschichte des Kapitalismus betrachten, ist Israel nicht der einzige koloniale Siedlerstaat in der Welt. Die USA, Kanada, Australien, und Neuseeland haben eine ähnliche Geschichte. Diese Staaten vertrieben und mordeten auch die Ureinwohner Amerikas, die Aborigines und die Maoris. In der Tat existieren hier viele Ähnlichkeiten, die, nebenbei bemerkt, die Heuchelei der imperialistischen „Demokratien“ aufzeigen und die auch der Grund sind, warum wir den Kampf der Indianer, der Aborigines und die Maoris für ihre nationalen Rechte vollkommen unterstützen.

Aber von einer historisch-materialistischen Perspektive aus betrachtet, sind da immer noch wichtige Unterschiede. Koloniale Siedlerstaaten wie die USA, Kanada, Australien und Neuseeland sind alle in der aufsteigenden Epoche des Kapitalismus im 16. bis 19.Jahrhundert entstanden. Im Gegensatz zu diesen Beispielen sind Israel und die israelisch-jüdische „Nation“ in der imperialistischen Epoche in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden, das heißt, in der Epoche des Niedergangs des Kapitalismus.

Dies hat wichtige Konsequenzen. Die weiße Mehrheit in den USA, Kanada, Australien und Neuseeland konnte über eine lange historische Periode national zusammenwachsen und entwickeln und zur selben Zeit die Ureinwohner erfolgreich reduzieren und in kleine Enklaven einsperren. Seitdem bilden die UreinwohnerInnen dieser Länder nur kleine Minderheiten und wurden, zu einem gewissen Grad, von der Möglichkeit abgehalten sich als echte Nation zu entwickeln.

Israel und der Zionismus auf der anderen Seite kamen – historisch gesehen – „zu spät“. Als Resultat hat die israelisch-jüdische „Nation“ selbst wichtige Defizite in ihrer nationalen Entstehung, da sie noch immer nur eine Minderheit in Palästina darstellen, während die Palästinenser Auf der anderen Seite, eine voll entwickelte Mehrheitsnation sind (mit der Unterstützung und Sympathie der gesamten umgebenden arabischen und muslimischen Welt).

Aus all diesen Gründen sehen wir – die RCIT und ihre arabischen und jüdischen GenossInnen in der ISL – Israel als einen einzigartigen Siedlerstaat an und stellen so die spezifische Form der nationalen Unterdrückung des palästinensischen Volks fest. Er kann nur durch permanente brutale Gewalt und aggressive Kriegsführung als Staat und Nation existieren und sich reproduzieren. Nur so kann er weiterhin die Palästinenser von ihrem Heimatland vertreiben und damit sowohl ihr Land rauben als auch ihre Wasserreserven zu stehlen. So verbrauchen zum Beispiel eine halbe Million israelisch-jüdische Siedler in der West Bank 85,7% der dortigen Wasserreserven, während 2,6 Millionen Palästinenser mit dem Rest zurechtkommen müssen. Bemerkenswert ist darüberhinaus, daß Israel – zusammen mit den USA, Großbritannien und China – einer der größten Landräuber ist. [4]

Die herrschende Klasse Israels weiß, daß sie die Palästinenser und Araber in der Region permanent angreifen, erniedrigen und niederhalten muss, weil ansonsten Israels Tage schnell gezählt wären.

Verschiedenste Zentristen bedienen sich einer formal korrekten aber abstrakten Kritik am arabischen Nationalismus als Vorwand um die spezifischen Probleme im revolutionären Kampf gegen den israelischen Siedlerstaat zu ignorieren. Nehmen wir als Beispiel die die zentristische IMT von Alan Woods. Sie behaupten, es wäre die Schuld der Palästinenser und Araber, daß die israelisch-jüdische ArbeiterInnenklasse sich nicht gegen ihre herrschende Klasse erhoben hat: „ Wir verstehen, daß die israelischen Jüdinnen und Juden Angst davor haben von den umgebenden feindlichen arabischen Staaten wirklich getötet und vernichtet zu werden. Das ist es, was sie in die Arme von Netanyahu und Co. treibt. Und so lange Gruppen wie die Hamas bis vor kurzem und die PLO in der Vergangenheit die Idee verbreiten, die Juden und Jüdinnen zu vertreiben, anstatt den zionistischen Staat zu schwächen, wird die Mehrheit der jüdischen Bevölkerung dazu getrieben, sich um die israelische herrschende Klasse zu sammeln, und der Zionismus daher gestärkt und nicht geschwächt.“ [5]

Es ist sicherlich richtig, daß sich eine revolutionäre Partei und eine Arbeiter- und Bauernrepublik in der arabischen Welt der systematischen internationalistischen Propaganda verschrieben hätte, und die ärmeren jüdischen ArbeiterInnen aufgefordert hätte mit dem Zionismus zu brechen. Es ist auch richtig, daß RevolutionärInnen auf der ganzen Welt systematisch gegen Antisemitismus kämpfen müssen. Aber die zentristischen Führer der IMT reduzieren das Problem der zionistischen Loyalität der israelisch-jüdischen ArbeiterInnenklasse ausschließlich oder fast ausschließlich auf die Existenz des arabischen Nationalismus. Das ist absolut falsch und zeigt das Fehlen eines dialektisch-materialistischen Verständnisses auf. Die Hauptursache für die zionistische Loyalität der israelisch-jüdischen ArbeiterInnenklasse ist nicht der arabische Nationalismus, sondern sind die massiven materiellen Privilegien, welche sie bekommen, und die ein Resultat des imperialistischen kolonialen Siedler-Status des Staate sind, in dem sie lebt (mehr dazu weiter unten). Aber bekanntlich lehnt die IMT (und die meisten anderen Zentristen) das leninistische Konzept der ArbeiterInnenaristokratie und der relativen Privilegien – die sie durch die Extra-Profite der imperialistischen Monopole und Staaten erhalten und welche die materielle Basis für ihr rückschrittliches Bewusstsein sind – ab. Daher ist es nur logisch, daß diese Zentristen auch die ideologischen Konsequenzen der materiellen Faktoren eines imperialistischen Siedlerstaates auf das Bewusstsein der privilegierten Bevölkerung ignorieren. [6]

 

Die israelischen Juden als Nationalität oder „Beinahe-Nation“

 

Genau aus dem Grund ihrer späten, künstlichen und brutalen Herausbildung konnten die israelischen Juden und Jüdinnen keine volle nationale Entwicklung erfahren. Zugegeben gibt es einige wichtige Elemente eines Nationalbildungsprozesses. Zusätzlich zum gemeinsamen Territorium, und der gemeinsamen Wirtschaft, gibt es wichtige Fortschritte im Gebrauch einer gemeinsamen Sprache. Zu Beginn des Staates Israel sprach nur eine Minderheit hebräisch. Doch die fortwährenden Bemühungen des zionistischen Staates ein Nationalbewusstsein zu schaffen führten dazu, das heute eine Mehrheit der israelischen Juden hebräisch spricht. Dennoch sind die Grenzen dieses Nationsbildungsprozesses offensichtlich geworden durch die Tatsache, daß trotz der entschlossensten Bemühungen des zionistischen Staates, heute immer noch eine relevante Minderheit der israelischen Jüdinnen und Juden kein hebräisch sprechen. Den neuesten offiziellen Statistiken des israelischen Zentralamts für Statistiken zufolge geben nur 49% der landesweiten Bevölkerung Hebräisch als ihre Muttersprache an, 18% Arabisch, 15% Russisch, 2% Jiddisch, 2% Französisch, 2% Englisch, 1,6 % Spanisch und 10% andere Sprachen. [7]

Zusätzlich sieht das zionistische Konzept vor, daß Israel ein Staat aller Juden weltweit sei, welche sie als Nation verstehen, was ein Hindernis für die nationale Identifizierung der israelischen Juden darstellt.

Die GenossInnen der ISL schrieben dazu vor einigen Jahren folgendes: „Die Israelis haben viele objektive Attribute, welche eine Nation ausmachen: Territorium, gemeinsame Wirtschaft, einen Staat und eine gemeinsame Kultur. Aber es kann keine Nation geben, wo kein nationales Bewusstsein herrscht, d.h. ein bürgerliches Bewusstsein gemeinsamer Interesses getrennt von einer anderen Nation (die Realität einer nationalen Wirtschaft mit einem einheitlichen lokalen Markt wiederspiegelnd). Die Israelis haben ein zionistisches Bewusstsein, nicht ein israelisch-nationales Bewusstsein.“ [8]

Damit verbunden ist die Tatsache, daß die israelischen Jüdinnen und Juden nicht nur per Klassenlinien scharf voneinander getrennt werden – wie es bei allen Nationen im Kapitalismus ist – sondern auch entlang ethnischer und religiöser Linien. So haben wir die traditionellen aschkenasischen Juden aus Europa, die russischen Juden, welche nach 1991 aus der früheren Sowjetunion kamen, die sephardischen Juden und Jüdinnen und die Mizrachim Juden aus Nordafrika und dem Nahen Osten. Und vor kurzem gab es auch eine neue Welle an Juden aus Äthiopien. Es gibt verschiedenste Formen der Diskriminierung jüdischer Gemeinden, die aus ärmeren Ländern kommen. Zusätzlich beobachten wir eine zunehmende Diskriminierung der armen ultra-orthodoxen Jüdinnen und Juden- den Haredim – welche eine wachsende Minderheit von ca. einer Million ausmachen. [9]

Diese Defizite im israelisch-jüdischen Nationalbildungsprozess sind ein anderer wichtiger Faktor, welcher die permanente israelische Expansion erklärt. Nur durch permanenten Krieg gegen die Palästinenser und die ganze arabische und muslimische Welt kann Israels herrschende Klasse darauf hoffen, die israelischen Juden zu vereinen.

Schließlich, muß man bedenken, daß wegen des einzigartigen Charakters Israels, das nationale Bewusstsein der israelischen Juden notwendigerweise verflochten ist mit einer reaktionären chauvinistischen Einstellung gegen Palästinenser und Araber im Allgemeinen. [10]

Wegen all dieser Gründe kommen wir zum Schluss, daß die israelischen Juden eine Gruppe sind, die wesentliche Merkmale einer Nation haben. Aber sie haben es nicht geschafft, sich zu einer vollständigen Nation zu entwickeln, aufgrund der spezifischen Charakteristika, die mit dem zionistischen Projekt verbunden sind (welches behauptet, daß nicht die israelischen Juden, sondern alle Juden in der Welt eine Nation seien, die durch permanente Wellen der Migration zu internationalen ethnischen Unterteilungen führte). Daher können wir sie als Vorform einer Nation – eine Nationalität – oder eine „Beinahe-Nation“ bezeichnen.

 

Können MarxistInnen das Recht auf nationale Selbstbestimmung für die israelischen Juden unterstützen?

 

Die Bolschewiki-Kommunisten lehnen das Recht auf nationale Selbstbestimmung der israelischen Juden ab. Für diese Frage ist es unerheblich ob MarxistInnen die israelischen Juden als Nation oder „Fast-Nation“ betrachten. Die RCIT und die ISL stellen sich dem Recht auf nationale Selbstbestimmung für die israelischen Juden entgegen, da die Verwirklichung eines solchen Rechts automatisch die Verweigerung des Rechts auf nationale Selbstbestimmung für die unterdrückte Mehrheits-Nation – die Palästinenser – bedeuten würde. [11]

Auf der anderen Seite unterstützen viele Zentristen das Recht auf nationale Selbstbestimmung für die israelischen Juden. Geben wir dafür ein paar Beispiele. Schon 1973 traten die Führer der Matzpen, A. Said und Moshe Machover, für dieses Selbstbestimmungsrecht in einem Artikel vom zentristischen „Vereinigten Sekretariat der Vierten Internationale“ von Ernest Mandel veröffentlichten Artikel. [12]

Eine ähnliche Herangehensweise wurde von der spartakistischen Schule wiederholt, die explizit für „das Recht auf Selbstbestimmung für Palästinenser und Hebräer“ aufruft. [13] Ähnlich die Internationale Bolschewistische Tendenz (IBT), welche sich von den Spartakisten gespalten hatte: „Für Leninisten haben alle Nationen, auch die Juden in Israel, das Recht auf Selbstbestimmung“. [14] Dieselbe Idee wurde von einer anderen Spartakus-Abspaltung wiederholt, der Internationalistischen Gruppe von Jan Norden, welche für die „Anerkennung des Rechts auf Selbstbestimmung für beide, Hebräisch-Sprechende und Araber in Palästina“ [15] eintritt. Konsequenterweise verteidigt die primitive spartakistische Schule des „Internationalismus“ das Recht der israelisch-jüdischen Siedler ihren eigenen Staat nach der sozialistischen Revolution zu gründen: „Nichtsdestotrotz, wenn der Level an Feindseligkeit so hoch ist, daß durch demokratische Maßnahmen das eine oder das andere Volk wünscht in einem separaten Nationalstaat zu leben, dann würde eine revolutionäre ArbeiterInnenregierung dies als ihr Recht anerkennen, welches, anders als im Kapitalismus, (mit Schwierigkeiten) verwirklicht werden könnte auf eine Art und Weise, die nicht diskriminierend einer anderen Gemeinschaft gegenüber ist, im Rahmen einer sozialistischen Föderation im Nahen Osten.“ [16]

Wir möchten nebenbei auf die kuriose Tatsache hinweisen, daß durch die Verwendung des Begriffs der „hebräisch-sprechendes Volk“ anstatt „israelischer Juden“ die Spartakisten ihre Unwissenheit der Lage in Israel unter Beweis stellen. Sie wissen anscheinend nicht, daß viele, für die sie das „Recht auf Selbstbestimmung“ fordern, gar nicht Hebräisch als ihre Muttersprache haben.

Die Internationale Marxistische Tendenz (IMT) von Alan Woods und dem verstorbenen Ted Grant argumentiert in eine ähnliche Richtung. Sie rufen auf für „autonome Heimatländer und vollen Respekt für alle nationalen Rechte“ der Araber und der israelischen Juden, was eine versteckte Unterstützung für einen separaten „sozialistischen“ israelisch-jüdischen Staat ist: „Nichtsdestotrotz existiert Israel nun als Staat, und das Uhrwerk der Geschichte kann nicht zurückgedreht werden. Israel ist eine Nation und wir können nicht für seine Zerschlagung eintreten. Die Lösung des palästinensischen nationalen Problems kann nur durch die Errichtung einer sozialistischen Föderation des Nahen Ostens erreicht werden, in welchem Araber und Israelis koexistieren können, mit ihren autonomen Heimatländern und vollem Respekt für alle nationalen Rechte.“ [17]

Die konsequentesten „sozialistischen“ Zionisten unter den Zentristen sind die CWI, welche eine Sektion in Israel haben (Maavak Sotzyjalisti). Seit vielen Jahren lang rufen sie auf „für ein sozialistisches, demokratisches Palästina und ein sozialistischen Israel, als Teil einer gleichberechtigten und freiwilligen sozialistischen Konföderation des Nahen Osten.“ [18]Die Führer des CWI sind sich bewusst, daß dies den Wünschen der unterdrückten arabischen Völker widerspricht: „Wir akzeptieren, dass viele arabische ArbeiterInnen zunächst einmal die Haltung haben, dass der israelische Staat zerstört werden müsse. Er ist ein imperialistischer Keil gegen die arabische Revolution.“[19]

Nichtsdestotrotz ruft die CWI für eine Beibehaltung des israelischen Staates auf (auf einer „sozialistischen“ Basis) und daher für die Aufrechterhaltung der kollektiven Vertreibung des palästinensischen Volkes von ihrem Heimatland. Wie rechtfertigt die Führungsgruppe des CWI die widerliche Ignoranz der Wünsche des unterdrückten palästinensischen Volkes? In dem sie sich auf die Wünsche der Unterdrückernation, des israelisch-jüdischen Volkes stützt, wie das folgende Zitat zeigt:

Sie werden nichts erreichen, da die palästinensischen Massen ihre Forderungen nach einem separaten Staat nicht aufgeben werden. Ebenso wird die israelische Bevölkerung der Forderung nicht zustimmen, daß sie eine Minderheit in einem ‚gemeinsamen Staat‘ darstellen. Das zu tun würde heißen, daß sie den Platz der unterdrückten Palästinenser einnehmen würden; das wäre unvermeidbar auf Grundlage des Kapitalismus. Unsere Forderung nach einem sozialistischen demokratischem Palästina und einem sozialistischen Israel verbunden mit einer sozialistischen Konföderation des Nahen Ostens behält all ihre Gültigkeit.“[20]

Wir betrachten eine solche Position als reaktionär und als Kapitulation vor dem Zionismus. Das Recht auf nationale Selbstbestimmung beinhaltet natürlich das Recht auf Abspaltung, um einen unabhängigen Staat zu gründen. Aber so ein Recht würde für Millionen Palästinenser bedeuten, daß ihnen ihr Recht auf Rückkehr in ihr Heimatland verwehrt bleiben würde. Vergessen wir nicht, daß von (offiziellen) 11,6 Millionen Palästinensern, 5,8 Millionen in der Diaspora leben (hauptsächlich in arabischen Länder). Von den 4,4 Millionen Palästinenser, die in der West Bank und Gaza leben, sind 44% Flüchtlinge. Hinzu kommen noch jene 1,6 Millionen Palästinenser, die im seit 1948 besetzen Palästina leben, aber ebenso Flüchtlinge sind. Alles in allem sind ca. ¾ aller Palästinenser Flüchtlinge, die in einer ihnen aufgezwungenen Diaspora leben.[21]

Natürlich würde diese Verletzung der fundamentalen Rechte des palästinensischen Volkes eng verbunden sein mit ökonomischer Diskriminierung, da Israel – d.h. das seit 1948 besetzte Palästina – industriell viel mehr entwickelt ist als die palästinensischen Gebiete. Jede Zwei-Staaten-Lösung würde automatisch ein reiches Israel bedeuten neben einem armen Palästina – und würde daher die massiven soziale Kluft und die Unterdrückung fortsetzen.

Das bedeutet natürlich nicht, daß israelische Juden in einem palästinensischen ArbeiterInnenstaat keine Rechte haben würden, wie wir weiter unten sehen werden.

Ein beliebtes Argument der zentristischen Unterstützer des nationalen Selbstbestimmungsrechts für die israelischen Juden ist ihre Behauptung, daß MarxistInnen allen Nationen dieses Recht gewähren und daher auch den israelischen Juden. Das ist nichts anders als eine Karikatur von Marxismus! Das nationale Selbstbestimmungsrecht ist kein abstraktes juristisches Recht sondern ein Werkzeug einer unterdrückten Nation (oder ethnischen Gruppe) um sich selbst von einer Unterdrückernation zu befreien.

Daher ist das Recht auf nationale Selbstbestimmung ein Recht für unterdrückte Nationen, und nicht für alle Nationen. Das wird klar, wenn man bedenkt, welche unterschiedlichen Taktiken sich aus diesem Recht ergeben. In einem Konflikt zwischen unterdrückter Nation und Unterdrücker-Nation verteidigen wir die Unterdrückten. MarxistInnen verteidigen das Recht unterdrückter Nationen sich abzuspalten und einen unabhängigen Staat zu gründen. Aber welchen Sinn macht es dieses Recht für eine Unterdrückernation zu fordern? Sollen wir für das Recht Spaniens aufrufen, sich vom Baskenland abzuspalten oder für die singhalesische Bevölkerungsmehrheit in Sri Lanka sich von den Tamilen abzuspalten? Das nationale Selbstbestimmungsrecht für Unterdrücker zu unterstützen und damit das Recht sich abzuspalten und einen eigenen Staat zu gründen, wäre nicht nur absurd, sondern potentiell reaktionär. Es könnte der herrschenden Klasse einer Unterdrückernation einen Vorwand geben, ein unterdrücktes Volk loszuwerden und in Ghettos zu stecken. Genau das ist passiert, als Israel 2005 das „Recht sich abzuspalten“ ergriffen hat, aus dem Gaza-Streifen abzuziehen und es in ein Freiluft-Gefangenenlager verwandelte. Oder es könnte auch ein Vorwand sein zur Gründung einer reaktionären Vendées um die Privilegien einer alten Unterdrückermehrheit aufrechtzuerhalten. Die faschistische Afrikaner Weerstandsbeweging des späten Eugene Terre’Blanche in Südafrika, welche zu einer Loslösung und Gründung einer unabhängigen Boer-Afrikaner Republik („Volkstaat/Boerestaat“) in Teilen Südafrikas aufruft, ist ein Beispiel für so eine reaktionäre, aristokratische Anwendung des „Rechts auf Abspaltung“ für eine Unterdrückernation.

Ähnlich verteidigen MarxistInnen das Recht unterdrückter Nationen ihre Wirtschaft gegen die Dominanz imperialistischer Multis zu schützen. Doch gleichzeitig sind wir gegen jegliche protektionistische Barrieren imperialistischer Ökonomien gegen die Waren aus halb-kolonialen Ländern. Um ein anderes Beispiel zu geben: Nur reaktionäre Chauvinisten – wie die rechten Parteien, die Sozialdemokratie, der Stalinismus oder Zentristen, wie die Spartakisten – können das „Recht“ einer Unterdrückernation verteidigen ihre Grenzen für MigrantInnen armer, halb-kolonialer Länder zu schließen. Auf der anderen Seite haben unterdrückte Nationen sehr wohl das Recht, sich gegen reaktionäre Siedlungsprojekte zu verteidigen, die dazu dienen ihre nationale Existenz zu unterwandern. Die gerechtfertigte Gegenwehr der Palästinenser gegen die zionistische Siedlungs-Politik ist so ein Beispiel.

Unsere Ablehnung eines „nationalen Selbstbestimmungsrechts“ für die israelisch-jüdische Nationalität ist keine Ablehnung eines revolutionäre-demokratischen Rechts. Es ist die Verweigerung auf ein Recht die Palästinenser zu unterdrücken und die Vertreibung von ihrem Heimatland fortzusetzen. Es ist die Absage an das anhaltende rassistische politische Projekt des Zionismus.

 

Die marxistischen Klassiker und das Recht auf nationale Selbstbestimmung

 

Sozialistische“ Zionisten, wie die Spartakisten-Schule, meinen, daß das Recht auf nationale Selbstbestimmung auf Unterdrückernationen und unterdrückte Nationen gleichermaßen angewendet werden muss: „Basierend auf der leninistischen Position zur nationalen Frage – der einzigen demokratischen Position mit Konsistenz – habe alle Nationen ein Recht auf Selbstbestimmung.“ [22]

Das ist natürlich kompletter Unsinn. MarxistInnen verstehen das Recht auf nationale Selbstbestimmung als ein revolutionäres demokratisches Recht der unterdrückten Nationen. Das war immer schon die richtige Bedeutung und Interpretation der marxistischen Klassiker zu dieser Frage. Lenin unterstrich immer wieder, daß die „die Einteilung der Nationen in unterdrückende und unterdrückte den Zentralpunkt in den sozialdemokratischen Programmen bilde[t], da diese Einteilung das Wesen des Imperialismus ausmacht“. [23]

Für Lenin und Trotzki war klar, daß das nationale Selbstbestimmungsrecht nur für unterdrückte Nationen gilt und nicht für Unterdrücker-Nationen. In jedem wichtigen Dokument zur nationalen Frage unterstrichen sie dies.

Die Sozialisten können ihr großes Ziel nicht erreichen, ohne gegen jede Art von nationaler Unterdrückung zu kämpfen. Sie müssen daher unbedingt fordern, daß die sozialdemokratischen Parteien der unterdrückenden Länder (insbesondere der sog. ,,Groß"mächte) das Selbstbestimmungsrecht der unterdrückten Nationen anerkennen und verfechten, und zwar ausdrücklich im politischen Sinne des Wortes, d. h. als Recht auf politische Lostrennung. Ein Sozialist, der einer großstaatlichen oder kolonienbeherrschenden Nation angehört und dieses Recht nicht verteidigt, ist ein Chauvinist.“ [24]

Der siegreiche Sozialismus muß die volle Demokratie verwirklichen, folglich nicht nur vollständige Gleichberechtigung der Nationen realisieren, sondern auch das Selbstbestimmungsrecht der unterdrückten Nationen durchführen, das heißt das Recht auf freie politische Abtrennung anerkennen.“ [25]

Für das Recht der von der Zarenmonarchie unterdrückten Nationen auf Selbstbestimmung, d. h. auf Lostrennung und Bildung eines selbständigen Staates, muß die sozialdemokratische Partei unbedingt eintreten.“ [26]

Eben deshalb muß die Einteilung der Nationen in unterdrückende und unterdrückte den Zentralpunkt in den sozialdemokratischen Programmen bilden, da diese Einteilung das Wesen des Imperialismus ausmacht und von den Sozialpatrioten, Kautsky inbegriffen, verlogenerweise umgangen wird. Diese Einteilung ist nicht wesentlich vom Standpunkt des bürgerlichen Pazifismus oder der kleinbürgerlichen Utopie der friedlichen Konkurrenz der unabhängigen Nationen unter dem Kapitalismus, aber sie ist eben das Wesentlichste vom Standpunkt des revolutionären Kampfes gegen den Imperialismus. Aus dieser Einteilung folgt unsere konsequent demokratische, revolutionäre, der allgemeinen Aufgabe des sofortigen Kampfes für den Sozialismus entsprechende Auffassung vom ‚Selbstbestimmungsrecht der Nationen‘.“ [27]

Das Selbstbestimmungsrecht der Nationen bedeutet ausschließlich das Recht auf Unabhängigkeit im politischen Sinne, auf die Freiheit der politischen Abtrennung von der unterdrückenden Nation. (…) Sie ist nur ein folgerichtiger Ausdruck für den Kampf gegen jegliche nationale Unterjochung.“ [28]

In ihrem Programm sprach die bolschewistische Partei auch vom Recht auf nationale Selbstbestimmung und daher vom Recht der unterdrückten Völker sich abzuspalten:

Um das Mißtrauen der werktätigen Massen der unterdrückten Länder gegenüber dem Proletariat der Staaten, die diese Länder unterdrückt haben, zu überwinden, ist die Aufhebung jedweder Privilegien für jegliche nationale Gruppe, die völlige Gleichberechtigung der Nationen, die Anerkennung des Rechts der Kolonien und nichtgleichberechtigten Nationen auf staatliche Lostrennung notwendig.“ [29]

So verstand auch Trotzki die Bolschewiki und seine eigene Herangehensweise zur nationalen Frage:

Aber gerade die Verbindung der nationalen Bewegungen mit dem Kampf des Proletariats um die Macht war politisch nur möglich geworden dank der Tatsache, daß die Bolschewiki durch ihre ganze Geschichte hindurch einen unversöhnlichen Kampf gegen die großrussischen Unterdrücker geführt haben und immer und ohne Vorbehalt das Recht der unterdrückten Nationalitäten auf Selbstbestimmung einschließlich einer Lostrennung von Rußland unterstützt haben. Die Politik Lenins in Bezug auf die unterdrückten Nationen hatte jedoch nichts gemein mit der Politik der Epigonen. Die Bolschewistische Partei verteidigte das Recht der unterdrückten Nationen auf Selbstbestimmung mit den Methoden des proletarischen Klassenkampfes….“ [30]

 

Revolutionärer Defätismus gegen Israel in seinen Kriegen und revolutionäre Verteidigung der arabischen Länder

 

Israels innewohnender reaktionärer Charakter bringt mit sich, daß RevolutionärInnen die palästinensischen Guerillas und die jeweiligen Armeen der benachbarten arabischen Länder in allen Kriegen unterstützt haben, welche 1948, 1956, 1967, 1973, 1982, 2006, 2008/09 und 2012 stattfanden.

Sowohl die ISL als auch die RCIT (bzw. ihre jeweiligen Vorgängerorganisationen) nahmen und nehmen eine revolutionäre defätistische Haltung zu Israel ein. Das bedeutet, daß wir für seine Niederlage eintreten und zu Aktionen der ArbeiterInnenklasse und der Unterdrückten aufrufen – sowohl innerhalb Israels, seiner Armee und international – um seine Niederlage zu befördern. Gleichzeitig rufen wir zur revolutionären Verteidigung der palästinensischen Guerillas und der jeweiligen arabischen Armeen auf. Das bedeutet, daß wir ihren militärischen Kampf unterstützen und ArbeiterInnen und Unterdrückte dazu aufrufen, in diesen Ländern und international ihren Kampf mit proletarischen Methoden zu unterstützen.

Diese Unterstützung ist zwar bedingungslos aber kritisch. Wir rufen dazu auf, die Palästinenser und Araber mit Methoden der ArbeiterInnenklasse zu unterstützen. Wir warnen vor jeglichen Illusionen in und Abhängigkeit von kleinbürgerlichen und bürgerlichen Führungen. Wir brauchen unabhängigen Massenorganisationen der ArbeiterInnenklasse und müssen eine revolutionäre Partei aufbauen, um die nicht-revolutionäre Führung zu ersetzen. [31]

Es ist kein Zufall, daß jene, die vollen Herzens das „Recht auf nationale Selbstbestimmung“ für die israelisch-jüdische Unterdrückernation verteidigen, in der Vergangenheit oft darin versagt haben, sich auf die Seite des palästinensischen Widerstands sowie der jeweiligen arabischen Länder im Kampf gegen den zionistischen Staat zu stellen. Wie wir in einer Reihe von Beispielen in unserem Buch „The Greatv Robbery of the South“ gezeigt haben, haben zentristische Organisationen wie das CWI oder die IMT darin versagt für den Sieg des palästinensischen Widerstands, der Hisbollah, des Iraks, Afghanistans aufzurufen und für die Niederlage der Imperialisten und Israels in seinen Kriegen im Nahen Osten in den letzten zwei Jahrzehnten einzutreten. [32]

Sicher, die Zentristen versuchen ihren Verrat durch radikal klingende Denunziationen der palästinensischen (klein-)bürgerlichen Nationalisten zu vertuschen. So schrieb das IMT vor kurzem: „Die Idee, daß Fundamentalisten irgendwie „anti-imperialistisch“ sein könnten ist absurd. Die islamischen Fundamentalisten sind völlig reaktionär und spielen überhaupt keine progressive Rolle.“ [33] Es ist mit Sicherheit richtig, daß die Hamas reaktionär ist. Doch wegen ihren Wurzeln in den palästinensischen Massen und dem Druck dieser ist die Hamas dazu gezwungen, gegen die israelische Aggression zu kämpfen. Das ist nicht viel, aber dennoch viel mehr als die westlichen Mittelschicht- Zentristen der IMT jemals erreicht haben. Sie haben noch nicht einmal in ihrer Agitation auf Massendemonstrationen im Westen die militärischen Kämpfe der Palästinenser und Araber gegen Israel in den Kriegen der letzten Jahrzehnte unterstützt. Die Hamas ist zweifellos dazu bereit, den palästinensischen Freiheitskampf zu verraten. Aber wie können SozialistInnen das Vertrauen der palästinensischen und arabischen ArbeiterInnen und Unterdrückten gewinnen, wenn sie nicht einmal den Widerstand unterstützen, auch wenn er unter einer nicht-revolutionären Führung stattfindet, und wenn sie dieses Versäumnis mit pseudo-radikaler Phrasendrescherei verteidigen?! Ganz nebenbei ist es extrem heuchlerisch zu behaupten die Hamas sei nicht anti-imperialistisch und „völlig reaktionär“ während man zur selben Zeit innerhalb der sozialdemokratischen Arbeiterparteien und sogar innerhalb der offen bürgerlichen Volksfront PPP in Pakistan arbeitet. Diese Parteien, welche die IMT unterstützt, und ihnen auch jahrzehntelang beim Aufbau half, haben sicher weit weniger „anti-imperialistische“ Aktionen gesetzt als die Hamas!

Charakteristischerweise haben solche Organisationen wie das CWI, die IMT und die Spartakisten ebenso darin versagt, 1982 die Seite für Argentinien im Malvinas-Krieg gegen den britischen Imperialismus zu ergreifen. Einer der beliebtesten Argumente der CWI, um ihre Kapitulation vor dem britischen Imperialismus zu verteidigen, war das „Recht auf nationale Selbstbestimmung“ der 1.800 britischen Siedler auf den Malvinas-Inseln vor der argentinischen Küste. [34] Man kann dieselbe aristokratische Logik im Falle der Malvinas und Israels leicht erkennen: Der Imperialismus nützt seine Dominanz um Siedler in diese oder jene Region zu schicken, die einheimische Bevölkerung zu vertreiben und so die Kontrolle über ein Gebiet zu erhalten. Haben sie darin Erfolg gehabt und das kolonialisierte Volk rebelliert gegen diesen Akt des Raubs und Expansionismus, fordern die Imperialisten das „nationale Selbstbestimmungsrecht“ für ihre Siedler. Unglücklicherweise finden sie dafür auch noch Unterstützer im Lager des zentristischen „Marxismus“!

Tatsache ist, daß das „nationale Selbstbestimmungsrecht“ der Siedler das eigentliche nationale Selbstbestimmungsrecht der unterdrückten Nation ausschaltet. Das ist der Grund warum MarxistInnen nur das das Recht auf nationale Selbstbestimmung für unterdrückte Nationen unterstützen können.

 

Israels Entwicklung zu einem imperialistischen Staat

 

Israel ist zu einer kleinen imperialistischen Macht aufgestiegen. Wir hoffen in einem zukünftigen Dokument auf diese Frage näher eingehen zu können. [35] Wir begrenzen uns hier auf einen kurzen Überblick.

Israel hat in den letzten Jahrzehnten ein mächtiges Monopolkapital aufgebaut. Es hat sich zu einer hoch industrialisierten Wirtschaft entwickelt, die den anderen Ländern in der Region haushoch überlegen ist. Zusätzlich hat Israel eine sehr mächtige Armee. Es ist – trotz seiner kleinen Größe als Land – die acht stärkste Atommacht in der Welt, sowie die weltweite Nummer 10 unter den Waffenlieferanten. [36]

Israels Monopolkapital kontrolliert die Wirtschaft des Landes. Der Bank von Israel zu Folge „kontrollieren circa zwanzig Unternehmensgruppen, fast alle davon in Familienhänden und pyramidenartig aufgebaut, einen großen Anteil an den Unternehmen (rund 25% der gelisteten Handelsfirmen) und rund 50% des Marktanteils.“ [37]

Diese Monopole dominieren nicht nur die inländische Wirtschaft, sondern führen auch einen massiven Export von Kapitalfluss an. Viele der führenden israelischen multi-nationalen Konzerne basieren auf High-Tech-Industrie, Pharmazeutik etc. Die Top 20 der israelischen Multis besitzen Auslandsinvestitionen in Höhe von fast 16 Milliarden Us-Dollar und ihre Auslandsgewinne belaufen sich auf über 35 Milliarden US-Dollar. Sie haben 667 Tochtergesellschaften im Ausland und beschäftigen dort über 87. 000 Angestellte (Angaben für das Jahr 2010). [38]

Der Kapitalstock an israelischen Direktinvestitionen im Ausland ist den letzten beiden Jahrzehnten viel stärker angewachsen als ausländische Investitionen in Israel selbst. Dies spiegelt die Herausbildung des imperialistischen Charakters Israels wieder. Während die ausländischen Direktinvestitionen nach Israel zwischen 1990 und 2011 von 4,5 auf 66,8 Milliarden US-Dollar gestiegen sind, wuchsen im selben Zeitraum die israelischen Direktinvestitionen im Ausland von 1,2 auf 71,6 Milliarden US-Dollar an. [39]

Eine andere Wiederspiegelung von Israels imperialistischem Charakter ist die zunehmende globale Rolle seines Monopolkapitals. In The Forbes Global 2000 – einer Reihung der größten und mächtigsten Unternehmen der Welt – sind 10 multinationale Unternehmen aus Israel aufgelistet. Israels Position ist ähnlich wie die anderer kleiner imperialistischer Länder, die aber eine viel längere Geschichte ihrer imperialistischen Entwicklung vorweisen können, wie z. B. Österreich oder Belgien (jeweils 11 Unternehmen) oder Finnland (12). [40]

Israels Bruttoinlandprodukt pro Kopf liegt bei 28.611 US-Dollar, was über dem Niveau von Griechenland und Portugal liegt und leicht unter dem Niveau von Spanien (30.222). [41] Eine andere Berechnung der Vereinten Nationen hat ergeben, daß Israel Bruttoinlandseinkommen per Kopf im Jahr 2012 etwas über dem von Italien lag. [42]

Was wir mit Sicherheit sagen können ist, daß Israel eine reiche imperialistische Festung in der armen Region des Nahen Osten darstellt. Sein BIP per Kopf ist doppelt so hoch wie das der Türkei, fünf Mal so hoch wie das von Ägypten, sechs Mal so hoch wie das Jordaniens und sieben Mal so hoch wie Syriens. [43]

 

Ist Israel ein faschistischer Staat?

 

Manche linke Organisationen – wie verschiedene Maoisten oder jene der FLTI (Internationale Leninistische-Trotzkistische Fraktion, geführt von Carlos Munzer) – bezeichnen Israel als "faschistischen Staat". [44] Es ist verständlich, wenn eine solche politische Einstufung von einer politisch ungebildeten Person als spontane Wutäußerung getätigt wird, allerdings ist es aus politisch-wissenschaftlicher Sicht schlicht Unsinn, wenn dies von einer politischen Organisation im Namen des Marxismus gesagt wird.

Faschismus, als eine spezifische Form des Regimes der Kapitalistenklasse, unterscheidet sich, gemessen an Brutalität der Unterdrückung anderer Nationalitäten, nicht essenziell von anderen Formen der kapitalistischen Herrschaft. Faschismus unterscheidet sich dadurch, daß sie das Kleinbürgertum mobilisiert, sowie das Lumpenproletariat, um die ArbeiterInnenklasse und ihre Organisationen, sowie jede Form von Demokratie zu vernichten. Trotzki erklärte dies in seiner Schrift „Was nun?”:

Die Sozialdemokratie, die heutige Hauptvertreterin des parlamentarisch-bürgerlichen Regimes, stützt sich auf die Arbeiter. Der Faschismus auf das Kleinbürgertum. Die Sozialdemokratie kann ohne Arbeiter-Massenorganisationen keinen Einfluß ausüben. Der Faschismus seine Macht nicht anders befestigen als durch Zerschlagung der Arbeiterorganisationen. Hauptarena der Sozialdemokratie ist das Parlament. Das System des Faschismus fußt auf der Vernichtung des Parlamentarismus. Für die monopolistische Bourgeoisie stellen parlamentarisches und faschistisches System bloß verschiedene Werkzeuge ihrer Herrschaft dar: sie nimmt zu diesem oder jenem Zuflucht in Abhängigkeit von den historischen Bedingungen. Doch für die Sozialdemokratie wie für den Faschismus ist die Wahl des einen oder des andern Werkzeugs von selbständiger Bedeutung, mehr noch, die Frage ihres politischen Lebens oder Todes.

Die Reihe ist ans faschistische Regime gekommen, sobald die „normalen“ militärisch-polizeilichen Mittel der bürgerlichen Diktatur mitsamt ihrer parlamentarischen Hülle für die Gleichgewichtserhaltung der Gesellschaft nicht mehr ausreichen. durch die faschistische Agentur setzt das Kapital die Massen des verdummten Kleinbürgertums in Bewegung, die Banden deklassierter, demoralisierter Lumpenproletarier und all die zahllosen Menschenexistenzen, die das gleiche Finanzkapital in Verzweiflung und Elend gestürzt hat. Vom Faschismus fordert die Bourgeoisie ganze Arbeit: hat sie einmal die Methoden des Bürgerkriegs zugelassen, will sie für lange Jahre Ruhe haben. Und die faschistische Agentur, die das Kleinbürgertum als Prellbock benutzt und alle Hemmnisse aus dem Wege räumt, leistet diese Arbeit bis zum Ende. Der Sieg des Faschismus führt dazu, daß das Finanzkapital sich direkt und unmittelbar aller Organe und Einrichtungen der Herrschaft, Verwaltung und Erziehung bemächtigt: Staatsapparat und Armee, Gemeindeverwaltungen, Universitäten, Schulen, Presse, Gewerkschaften, Genossenschaften. Die Faschisierung des Staates bedeutet nicht nur die Mussolinisierung der Verwaltungsformen und -verfahren – auf diesem Gebiet sind die Veränderungen letzten Endes zweitrangig – sondern vor allem und hauptsächlich die Zertrümmerung der Arbeiterorganisationen, Zurückwerfung des Proletariats in amorphen Zustand, Schaffung eines Systems tief in die Massen dringender Organe, die eine selbständige Kristallisation des Proletariats unterbinden sollen. Darin besteht das Wesen des faschistischen Regimes.” [45]

Den Begriff “faschistisch” zu verwenden um Israel zu charakterisieren, ist schlichtweg falsch und eine extreme Phrasendrescherei. Es hilft nicht im Geringsten um Klarheit zu schaffen oder um die spezifischen Eigenschaften des israelischen Staates zu verstehen, sondern führt nur zur Verwirrung.

Israel hat ein bürgerlich-parlamentarisches Regime mit demokratischen Rechten für die israelisch-jüdische Bevölkerung geschaffen, Gewerkschaften, das Recht zu streiken, und sogar das Recht anti-zionistische Meinungen auszusprechen. Es kennt sogar begrenzte demokratische Rechte für die israelisch-arabischen Bürger. Es hat also NICHT Gewerkschaften und demokratische Organisationen vernichtet und zerschlagen. Das ist deswegen möglich, weil der Zionismus die meisten der einheimischen Palästinenser von ihrem Heimatland vertrieben hat. Das Resultat ist eine völlig aristokratische reiche Unterdrückernation, die sich eine begrenzte Menge an Demokratie leisten kann. Die herrschende Klasse Israels hat den Faschismus in den letzten Jahrzehnten nicht benötigt, weil sie stark genug war, um eine riesige israelisch-jüdische Arbeiteraristokratie und Mittelschicht zu schaffen und zu bestechen und via parlamentarischer Mittel zu herrschen.

Natürlich hat es unzählige Palästinenser getötet und hört auch damit nicht auf, aber man sollte nicht vergessen, daß alle bürgerlichen – inklusive die „demokratischen“ – Regimes die ArbeiterInnenklasse und (halb-)koloniale Nationen unterdrücken. Diese Unterdrückung beinhalten meistens das brutale Morden und Vertreibungen. Es wäre eine gefährliche und naive Anpreisung der imperialistischen bürgerlichen Demokratie, wenn MarxistInnen sagen würden, daß ein Regime faschistisch sein muss, wenn es tötet und unterdrückt. Solche Leute hören auf Marxisten zu sein und verwandeln sich in kleinbürgerliche Moralisten. Nein, die bürgerliche Demokratie tötet und unterdrückt auch!

Schließlich sollte man nicht vergessen, daß faschistische Staaten – in Deutschland, Italien und Spanien etc. – nicht nur andere Nationen brutal unterdrückt haben, sondern auch alle Organisationen und demokratischen Rechte der ArbeiterInnenklasse im Inland zerschlagen haben. Nur ein Narr kann ignorieren, daß die israelisch-jüdische Arbeiterinnenklasse viel mehr Rechte hat als die ArbeiterInnen in Deutschland, Italien oder Spanien in den 1930er und 1940er Jahren.

Natürlich kann sich das in der Zukunft ändern und Israel kann in Zeiten einer scharfen Krise ein faschistischer Staat werden. Doch das war in den vergangenen 65 Jahren nicht der Fall und daher ist es falsch Israel als „faschistischen Staat“ zu charakterisieren.

Als Randnotiz wollen wir anmerken, daß solch ein Fehler dem vieler türkischer maoistischer Gruppen ähnelt, die die Türkei als faschistischen Staat charakterisieren. Trotz der Existenz eines bürgerlich-bonapartistisch Regimes mit einer begrenzten parlamentarischen Demokratie wiederholen diese Gruppen den Staat als faschistisch zu denunzieren. So eine Charakterisierung ist nur verwirrend für die ArbeiterInnenklasse und dient als Vorwand für die Kombination einer Volksfront mit ultra-linkem Guerillatum.

 

Wer wird die Revolution in Palästina anführen?

 

Die massive historische Unterstützung der westlichen imperialistischen Mächte und das Aufstreben Israels als imperialistischer Staat haben der zionistischen herrschenden Klasse in Israel riesige Ressourcen verschafft, um einen großen Teil der israelisch-jüdischen ArbeiterInnenklasse zu bestechen. Der Lebensstandard der israelisch-jüdischen ArbeiterInnenklasse ist nicht weit entfernt von dem in einigen westeuropäischen Länder. Zum Beispiel haben die israelischen Jüdinnen und Juden einen vergleichbaren Verbraucherindex wie die Menschen in Spanien. Die OECD kam in einem internationalen Vergleich der sozialen Entwicklungen zum Schluss, daß das durchschnittliche Haushaltseinkommen in Israel über dem von Portugal liegt und 18% unter dem von Italien. [46] Ein anderer Indikator für den westlichen Lebensstandard der israelischen Juden ist der sogenannte Human Development Index, welcher von den Vereinten Nationen regelmäßig bemessen wird und Einkommen, Armut, Bildung, Gesundheit etc. einkalkuliert. Den letzten Angaben zu Folge ist Israel auf Platz 16 unter 186 Staaten, vor Ländern, wie Belgien, Frankreich und Österreich. [47]

Dabei muß man bedenken, daß dieser Vergleich insofern verzerrt ist, da die Zahlen für Israel in diesen Statistiken auch die arabischen Menschen und die Haredim-Juden in Israel beinhaltet, die beide um vieles ärmer sind als die Mehrheit der israelischen Juden. In Wirklichkeit haben die israelisch-jüdischen ArbeiterInnen (außer den Haredim-Juden) den gleichen Lebensstandard wie die ArbeiterInnen in Ländern wie Spanien oder Italien.

Der durchschnittliche Lohn der palästinensischen, ausländischen und arabischen ArbeiterInnen in der Region liegt weit unter denen von Israel. Der durchschnittliche Lohn eines männlichen arabisch-israelischen Arbeiters liegt in etwa bei der Hälfte eines männlichen israelisch-jüdischen Arbeiters.[48] Während circa 57% der israelischen Araber in Armut leben, sind es nur 12% der israelischen Juden (außer den Haredim-Juden, bei denen es 62% sind). [49]

Diese Schere ist noch wesentlicher größer, wenn wir sie mit den Palästinensern vergleichen, die in den besetzten Gebieten von 1967 leben. Zum Beispiel liegt das pro Kopf-Einkommen im Westjordanland bei unter 2.000 Dollar im Jahr, während es in Israel bei über 30.000 liegt! [50]

Darüber hinaus muß man festhalten, daß all diese relativen materiellen Privilegien der israelisch-jüdischen ArbeiterInnenklasse eng verbunden sind mit dem israelischen Unterdrückerstaat und der nationalen Vertreibung der Palästinenser, auf der er beruht. Ohne ihre Vertreibung wäre kein israelischer Staat, keine Aneignung von palästinensischem Land und kein israelischer Reichtum möglich. Wegen all dieser Gründe ist es offensichtlich, daß die israelisch-jüdische ArbeiterInnenklasse niemals eine führende Rolle in der Revolution spielen kann. Die Führung werden jene innehaben, die sich erheben müssen, nicht nur um die kapitalistische Klassengesellschaft aufzuheben, sondern um ihre demokratischen Forderungen zu erlangen! Es wird die palästinensische ArbeiterInnenklasse und ihre Klassenbrüder und –schwestern in den benachbarten arabischen und muslimischen Ländern sein. Die heldenhaften Intifadas und die arabischen Revolutionen seit 2011 sind der lebendige Beweis für diese Perspektive.

Bedeutet das, daß die israelisch-jüdische ArbeiterInnenklasse in der Revolution keine Rolle spielen wird? Natürlich wird dies nicht der Fall sein. Aber sie wird nicht die Avantgarde sein. Viel eher wird sie sie von der palästinensischen und arabischen ArbeiterInnenklasse mitgezogen. Das heißt natürlich nicht, daß kleinere Gruppen revolutionärer jüdischer Arbeiterinnen und Arbeiter sowie unterstützende Intellektuelle keine wichtige Rolle spielen können. In Wirklichkeit war dies schon mehrmals der Fall, wie man in der Geschichte der palästinensischen Kommunistischen Partei in den 1920er Jahren sehen kann und auch heute, wo individuelle jüdische RevolutionärInnen eine wichtige Rolle spielen, nicht nur in trotzkistischen Bewegungen sondern auch in revolutionäre-demokratischen, palästinensischen nationalen Bewegungen (wie z.B. Abnaa al-Balad). Aber solche Fälle werden mehr die Ausnahme als die Regel sein.

Außerdem ist es unwahrscheinlich, daß die israelisch-jüdische Arbeiterinnenklasse die Revolution in ihrer Gesamtheit unterstützen wird. Es ist wesentlich wahrscheinlicher, daß ein großer Teil ihrer Arbeiteraristokratie sich der Revolution entgegenstellen wird und die MarxistInnen einen harten Kampf führen müssen, um einen wesentlichen Teil zu überzeugen sich der Revolution anzuschließen oder zumindest neutral zu bleiben. Dies ist nicht nur von einem theoretischen Gesichtspunkt her richtig, sondern wird auch anhand der aktuellen Erfahrungen in Südafrika und Israel deutlich. In Südafrika haben nur wenige weiße ArbeiterInnen den Kampf gegen die Apartheid unterstützt. Ebenso haben nur wenige jüdische ArbeiterInnen in Israel die Intifada oder den nationalen Widerstand der Palästinenser und der Hisbollah unterstützt.

Dennoch muß man die Unterschiede innerhalb der israelisch-jüdischen Gesellschaft erkennen. Die untere Schicht der israelischen ArbeiterInnenklasse sowie die besonders diskriminierten Schichten, wie die 130.000 äthiopischen Juden, oder Teile der armen sephardischen und Mizrahi-Juden sind sicherlich eher bereit mit dem zionistischen Staat zu brechen, als die Mehrheit der Bevölkerung. Es ist eine wichtige Aufgabe für RevolutionärInnen in Israel/Besetztes Palästina diese Klassenunterscheidung voranzutreiben und so viele jüdische UnterstützerInnen wie möglich für die sozialistische Perspektive zu gewinnen.

 

Die palästinensische Revolution muß als nationale und demokratische Revolution beginnen und in eine sozialistische Revolution münden

 

Der extreme Charakter der nationalen Unterdrückung, da heißt die Vertreibung des gesamten palästinensischen Volkes, und sein konstituierender Charakter für den zionistischen Staat und daher die jüdischen Israelis, hat wichtige Konsequenzen für die revolutionäre Strategie. Die nationale Befreiung der Palästinenser muß der Ausgangspunkt für jede revolutionäre Entwicklung in Israel/Besetztes Palästina sein. Die demokratische Frage überschattet alle anderen Fragen vollkommen. Die RCIT und die ISL sind daher überzeugt, daß die permanente Revolution in Palästina nur als demokratische Revolution beginnen kann, was v.a. den nationalen Befreiungskampf des palästinensischen Volkes bedeutet.

Natürlich kann es ökonomische Klassenkämpfe der israelisch-jüdischen ArbeiterInnenklasse gegen die Regierung geben. Aber die israelisch-jüdische ArbeiterInnenklasse ist nicht fähig, den Kampf auf eine politische Ebene zu bringen, weil dies ultimativ die Frage der Loyalität zum zionistischen Staat und daher zu ihrer eigenen privilegierten Stellung aufwerfen würde. Genau aus diesem Grund konnte die herrschende Klasse Israels die unteren Schichten der israelisch-jüdischen Bevölkerung (zuerst die sephardischen und Mizrachim-Juden, später die russischen Juden) in das zionistische Projekt einbinden. Um aus dieser Falle auszubrechen, müssen die israelisch-jüdischen ArbeiterInnen mit dem Zionismus brechen und am nationalen Befreiungskampf der Palästinenser teilnehmen. Dafür kämpfen heute RevolutionärInnen in Israel/Besetztes Palästina.

Bedeutet das, daß RevolutionärInnen in Israel/Besetztem Palästina ökonomische Klassenkämpfe der israelisch-jüdischen ArbeiterInnenklasse ignorieren sollten? Natürlich nicht! Sie unterstützen jeden noch so kleinen Kampf gegen die zionistische herrschende Klasse. Aber sie werden diese Unterstützung mit einer Perspektive der Solidarität mit dem palästinensischen Freiheitskampf und der permanenten Revolution verbinden.

Aus all diesen Gründen liegt die vorrangige Orientierung arabischer und jüdischer RevolutionärInnen in Israel/Besetztes Palästina auf dem palästinensischen Freiheitskampf und der Vorhut der palästinensischen ArbeiterInnen und Unterdrückten. Die revolutionäre Partei und ihre Vorfeldorganisationen müssen primär aus palästinensischen KämpferInnen bestehen. Ungeachtet dessen haben israelisch-jüdische RevolutionärInnen, die sich dem Kampf anschließen, einen gleichwertigen Platz in solch einer Organisation.

 

Unterdrückung der Frauen

 

Wie in allen Teilen der Welt, begegnen Frauen spezieller Unterdrückung: sie verdienen weniger als Männer und tragen die Last der häuslichen Arbeit. In Anbetracht der neuesten offiziellen Statistiken, lagen 2012 die durchschnittlichen Tageslöhne von palästinensischen weiblichen Angestellten 13,2 % unterhalb jener ihrer männlichen Kollegen. Diese Kluft ist besonders hoch beim Bergbau und der Fabrikarbeit, sowie beim Handel und dem Hotelbereich, während er bei Transport, Lagerung, Kommunikation und Service Bereich unter dem Durchschnitt liegt. In der Landwirtschaft haben Frauen einen höheren Tageslohn als Männer. [51]

Am Rande wollen wir anmerken, daß diese Kluft zwischen palästinensischen Männern und Frauen kleiner ist als in den meisten sogenannten aufgeklärten- westlichen imperialistischen Demokratien, wo arrogantes Herabblicken auf die „rückschrittlichen Muslime“ unter liberalen Intellektuellen und rechten Reaktionären weit verbreitet ist.

Dennoch verstärken die extreme nationale Unterdrückung und die schlechten Lebensbedingungen des palästinensischen Volkes eine patriarchale Trennung der Arbeit, was die Diskriminierung der Frauen verstärkt. Da es kaum öffentliche Einrichtungen für Kinderbetreuung gibt und die häuslichen technischen Voraussetzungen für Kochen, Waschen, etc. sehr schlecht sind, nimmt die Hausarbeit einen wesentlichen, zeitraubenden Teil des Alltags ein. Durch die patriarchalen sozialen Strukturen fällt die meiste Hausarbeit auf die Frauen. Als Resultat sind die meisten palästinensischen Frauen Hausfrauen und daher nicht Teil der Arbeitskräfte. Während 69,1 % der Männer Teil der Arbeitskräfte sind, sind es nur 17,4 % der Frauen. Unter der Gruppe der 25 bis 54-jährigen sind 84 bis 88% der palästinensischen Männer Teil der Arbeitskräfte, aber nur 20 bis 28 % der Frauen. [52] Zusätzlich sind 32,9 % der weiblichen Arbeiterinnen arbeitslos, bei den Männern sind es „nur“ 20,5 %. [53]

Weibliche Arbeitskräfte spielen eine wichtige Rolle unter den ausländischen ArbeiterInnen in Israel. Fast alle MigrantInnen, die in der Heimpflege, arbeiten sind Frauen. Das erklärt warum MigrantInnen von manchen Ländern fast nur weiblich sind – wie z.B. jene vom europäischen Teil der ehemaligen USSR (93%), den Philippinen (87%), Nepal (81%), Rumänien (79%) und Indien (60%). Auf der anderen Seite kommen ausländische Arbeitskräfte, die hauptsächlich im Bausektor ausgebeutet werden, aus anderen Ländern und sind hauptsächlich Männer – z.B. sind 97 % der türkischen MigrantInnen sind Männer, so auch 96 % von China und Thailand (diese Angaben beziehen sich auf die 2011 angekommen MigrantInnen). Von allen MigrantInnen, die 2011 angekommen sind, waren 51% Frauen. [54]

 

Die Rolle der Frauen im nationalen Befreiungskampf

 

Frauen sind aber nicht nur unterdrückt; sie spielen auch eine wichtige Rolle im Befreiungskampf gegen Unterdrückung. Die heroische Rolle von Frauen in Revolution ist geschichtlich weithin bekannt: Die Fischer-Frauen in der französischen Revolution von 1789-94, die militanten Frauenvereine während der Pariser Kommune 1871 oder die revolutionären Frauen während der Russischen Revolution 1917 – symbolisiert durch führende Bolschewiki wie Nadeshda Krupskaja, Inessa Armand, Alexandra Kollontai, Ludmila Stal, Elena Stasova, Evgenia Bosh oder Larissa Reissner. [55]

Auch der palästinensische Befreiungskampf hat seine berühmten Frauen. Fatmeh Khalil Ghazal war eine der ersten weiblichen Kämpferinnen, die am 23.6.1936 bei der Schlacht von Wadi Azzoun im Kampf gefallen ist. (Diese Schlacht war ein Höhepunkt während des „großen Aufstands“ – wie die Palästinenser den arabischen Massenaufstand 1936-39 bezeichnen, der von dem revolutionär-nationalistischen Scheich ’Izz al-Din al-Qassam angeführt wurde und sich gegen die zionistische Expansion sowie gegen die britische Besetzung richtete). Leila Khaled – eine berühmte Flugzeugentführerin und später eine Führerin der PFLP – ist die bekannteste der heutigen weiblichen Aktivistinnen. Vor kurzem wurden Frauen wie Wafa Idris berühmt, die am 27.1.2002 eine der ersten Shahidat – erfolgreiche Selbstmordattentäterinnen – wurde. [56]

Die Rolle der palästinensischen Frauen ist aber nicht auf ein paar berühmte Aktivistinnen und Führer begrenzt, sondern spiegelt sich auch in der breiten Massenbewegung wieder. Das ist eine Antwort auf die besondere Rolle der Frauen in der Unterdrückung und Ausbeutung des palästinensischen Volkes. So spielten Frauen in der Ersten Intifada 1987-93 eine wichtige Rolle in den Volkskomitees – den zentralen Untergrundstrukturen, welche den Widerstand und das tägliche Leben in den Städten und Dörfern koordinierten. Während dieser Intifada, wuchs die Zahl der aktiven palästinensischen Frauen in den Frauenkomitees von einigen hundert vor 1987 auf beinah fünftausend an. [57]

Sai’da Nusseibeh fasste die Erfahrung der palästinensischen Frauen im Widerstand wie folgt zusammen:

“Palästinensische Frauen spielten von Beginn an eine wichtige Rolle im Widerstand. Sie nahmen aktiv an Demonstrationen und dem Steinwerfen Teil. Sie brachen das Tabu der aktiven Teilnahme von Frauen am politischen Leben. Sie wurden geschlagen, eingesperrt, gefoltert und getötet. Das palästinensische Haus, das ein Ort der Abgeschlossenheit und Unantastbarkeit für Frauen war, wurde durch Hausdurchsuchungen durch die israelische Armee und Zerstörungen geschändet.

Das trug die Frage des weiblichen Geschlechts von der privaten in die öffentliche Sphäre. Weibliche Sexualität, welche der Ehre der arabischen Familie und des Klans so heilig ist, wurde durch die israelischen Soldaten mittels sexueller Übergriffe im eigenen Haus und im Gefängnis bedroht. Aber das hat diese Frauen nicht eingeschüchtert noch hat es sie davon abgehalten am Kampf weiterhin teilzunehmen. Im Gegenteil, es machte sie entschlossener zu kämpfen und das brachte ihnen viel Respekt und Anerkennung seitens der männlichen Bevölkerung ein, welche nun viel abhängiger von der Teilnahme der Frauen am politischen Kampf waren. (…)

Es lastete eine schwere Bürde auf den Schulter der palästinensischen Frau, die ihre Kinder, Ehemann, Vater oder andere Familienmitglieder verloren hatte. Kein einziges palästinensisches Haus war von Tragödien verschont. Frauen wurden zu Anführerinnen der Familie und übernahmen Verantwortungen, die vorher von Männern getragen wurde. Die Basiskomitees, welche schon vor dem Aufstand gebildet wurden, schufen nun diese Strukturen, welche den Aufstand aufrecht erhielten. Frauenorganisationen nahmen eine zentrale Rolle in diesen Komitees ein und durch ihre Rolle in jedem Aspekt des täglichen Lebens traten sie in den Vordergrund. Sie unterrichteten die Kinder, wenn die Schulen geschlossen waren, sie schützten die Jugendlichen vor den israelischen Soldaten, in dem sie so taten als wäre jedes Kind ihr eigenes und die Soldaten umzingelten, und sie starteten die häusliche Herstellung von Waren, um die Wirtschaft zu stärken und viele andere unzählbare Dienste. Palästinensische Männer zeigten Anzeichen, die aktivere Rolle von Frauen im Kampf und sozialen Leben zu akzeptieren.“ [58]

Die starke Militarisierung in der zweiten Intifada 2000 bis 2004 – die sogenannte Al-Aqsa Intifada – hat Frauen anfangs daran gehindert, eine zentrale Rolle im Widerstand zu spielen. Später begannen sie jedoch, in zunehmend größeren Zahlen den bewaffneten Verbänden des Widerstands beizutreten, einige wurden sogar Shahidats. Das spiegelt sich auch darin wieder, daß seit dem Beginn der zweiten Intifada im Jahr 2000, über 300 palästinensische Frauen im Zuge ihres Widerstands gegen die Besetzung verschleppt und gefangen genommen wurden. Rula Abu Daho berichtet:

"Im Jahre 2008 saßen immer noch ungefähr 126 palästinensische Frauen in Gefängnissen, davon 12 jünger als 18 Jahre. Diese Zahl zeigt eine stark angestiegene Beteiligung der Frauen im nationalen Kampf. 90% der weiblichen palästinensischen Gefangenen waren Mitglied einer politischen Fraktion. Dies ist ein neues Phänomen, denn in der ersten Intifada waren es noch 3%. Es ist auch erwähnenswert, daß einige dieser weiblichen Mitglieder Teil der militärischen Verbände dieser politischen Fraktionen waren. Sie nahmen Teil an Aktivitäten die über das Unterstützen von Widerstandskämpfern hinausging. Das war bis dahin noch nie geschehen. Der Großteil dieser gefangenen Frauen (circa 70%) waren Teil einer islamistischen Organisation (Hamas, Islamischer Jihad) was zeigt, daß diese Organisationen in der Lage waren, Frauen in die Widerstandsarbeit einzubinden. Auch das ist noch nie geschehen in den islamistischen Bewegungen." [59]

Darüberhinaus wurde eine Handvoll Frauen bei den Kommunalwahlen in Gaza und der West Bank 2004 und 2005 zu Abgeordneten gewählt. "Im ersten Wahlgang in der West Bank, welcher in 26 Landkreisen stattfand, gab es 139 Frauen und 748 Männer als KandidatInnen. 52 dieser Frauen gewannen einen Sitz durch eine direkte Wahl und 19 weitere Frauen gewannen einen Sitz durch das Quotensystem. Bei den Männern waren es 255 Kandidaten. Der zweite Wahlgang fand in 76 Landkreisen in der West Bank und in 8 im Gazastreifen statt. Es gab 397 weibliche Kandidaten und 2124 männliche. 105 Frauen gewannen einen Sitz durch direkte Wahlen und 59 durch das Quotensystem, im Vergleich zu 748 männlichen Kandidaten, die einen Sitz gewannen.“ [60]

Dieser Anteil weiblicher Abgeordneter reflektiert natürlich weiterhin eine Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Dennoch sollte man festhalten, daß dieser Frauenanteil klar über dem von modernen kapitalistischen Demokratien wie Japan (7,9 % aller Abgeordneten) und Irland (15,1%) liegt und auf einem ähnlichen Level wie Luxemburg (21,7%) oder Britannien liegt (22,5%). [61]

Die neue Welle des Massenwiderstandes, welche mit dem Beginn der Arabischen Revolution Anfang 2011 ihren Lauf nahm, hatte massive Auswirkungen auf die jungen Frauen. Insbesondere spielten junge Frauen eine zentrale Rolle bei den Mobilisierungen und den Komitees:

„Der wirkliche Aufstieg der neuen Jugendbewegung wurde durch den arabischen Frühling Anfang 2011 beeinflusst. Frauen hatten eine aktive Rolle in dieser neuen Bewegung. Einstweilen noch nicht politisiert, zog die Bewegung eine große Zahl an Frauen an. Auf den Straßen, waren es die Frauen, die diesmal eine dominantere Rolle einnahmen, als die Männer. Das Rufen der Parolen und das Anführen der Demonstrationen wurde durch junge Aktivistinnen angeführt, gegen die Besatzung oder die lokale Führerschaft. Die neue Generation an Frauen schien mehr entschlossener zu sein, die sozialen Restriktionen der palästinensischen Gesellschaft aufzubrechen. (…)

Jede Woche kannst du bei den Demonstrationen in den verschiedenen Dörfern des Volkswiderstandes die Frauen ganz klar in der vordersten Linie sehen. Die meisten dieser jungen Frauen verlassen ihr Zuhause heimlich um an diesen Demonstrationen teilzunehmen.

Als Frau, eine Palästinenserin der Vertriebenen von 1948 und Person mit Behinderung war es für mich in vielerlei Hinsicht außerordentlich schwierig politisch aktiv zu sein,“ sagte Budour Hasan, eine Jus-Studentin und Frauenaktivistin. „Die größte Herausforderung, der ich wiederholt begegnet bin, war der entschiedene Widerstand innerhalb meiner Familie. Der Widerstand meiner Familie bedeutet, daß ich den Großteil meiner politischen Aktivitäten geheim halten muss.“

Bei den organisierenden Treffen der neuen Jugendgruppen ist die Anzahl der Frauen meist größer als die der Männer. Durch die dominante Rolle der Frauen auf der Straße haben sie auch eine gleichberechtigte Rolle bei den Entscheidungen innerhalb der Jugendgruppen. Nichtsdestotrotz bleiben viele Herausforderungen sowie die Angst vor einer Wiederholung der Entwicklung bei der Ersten Intifada bestehen.“ [62]

Daher können wir zusammenfassen, daß es für die palästinensischen Frauen in ihrem Befreiungskampf nachteilige Faktoren gibt, da die palästinensische Gesellschaft geprägt ist durch eine niedriges Niveau an Industrialisierung und Urbanisierung als Resultat einer langen Geschichte der imperialistischen Unterdrückung und Ausbeutung. Patriarchale Strukturen sind daher nach wie vor stark ausgeprägt. Auf der anderen Seite aber bringt die brutale nationale Unterdrückung durch den israelischen Staat die Frauen an einem gewissen Punkt dazu eine sehr aktive und prominente Rolle im Befreiungskampf einzunehmen. RevolutionärInnen kämpfen für eine größtmögliche Organisierung der Frauen. Die bereits existierenden Frauenkomitees sind ein sehr wichtiger Ausgangspunkt. Sie können die Basis für eine revolutionäre Frauenbewegung der ArbeiterInnenklasse werden als Teil einer revolutionären ArbeiterInnenpartei und der Fünften Internationale. Natürlich besteht das Ziel nicht darin, die Frauenbewegung von der ArbeiterInnenklasse und der Widerstandsbewegung zu trennen, sondern sie und die Rolle der Frauen innerhalb der Befreiungsbewegung zu stärken und die mannigfaltigen Hindernisse der patriarchalen Strukturen und Traditionen zu überwinden. Eine revolutionäre Arbeiterinnenfrauenbewegung wird auf dem Programm für die komplette Befreiung der Frauen als Teil der permanenten Revolution basieren, das heißt dem Programm der nationalen Befreiung kombiniert mit der sozialistischen Transformation der ganzen Gesellschaft.

 

Die Rolle der MigrantInnen

 

Seit der ersten Intifada und dem betrügerischen Oslo-Übereinkommen Anfang der 1990er Jahre, hat Israel die palästinensischen ArbeiterInnen systematisch durch migrantischen ArbeiterInnen aus Asien und Afrika ersetzt. Das Ergebnis davon ist, daß es heute zwischen 250.000 und 400.000 nicht-israelische ArbeiterInnen gibt, von denen mehr als eine Hälfte illegal im Land sind. [63] Das ist ein bedeutender Anteil an den 3,1 Millionen LohnarbeiterInnen in Israel. [64]

Die meisten MigrantInnen arbeiten in drei Bereichen der Wirtschaft: Landwirtschaft, Bau und Heimpflege. [65]

Heute kommt die Mehrheit der neuen MigrantInnen aus asiatischen Ländern (Indien, Sri Lanka, Philippen, Thailand, Nepal, China und Türkei) und Osteuropa. [66]

Sie sind – so wie MigrantInnen aus armen Ländern, die in imperialistischen Ländern leben, ganz generell – national unterdrückt und wirtschaftlich überausgebeutet. [67] Sie haben nur sehr begrenzte Rechte (oder gar keine wenn sie illegal im Land leben). MigrantInnen werden mehr und mehr Opfer von Massenabschiebungen und faschistischen Attacken. [68]

Ausländische ArbeiterInnen erhalten in Israel einen durchschnittlichen Lohn von etwa 4.622 NIS, während der durchschnittliche Lohn für alle ArbeiterInnen (also israelisch-jüdische, palästinensische und MigrantInnen) bei 8.563 NIS (2011) liegt. [69] Von diesen Zahlen ausgehend ist klar, daß israelisch-jüdische ArbeiterInnen mindestens das Doppelte palästinensischen und migrantischen ArbeiterInnen verdienen.

Daher machen migrantische ArbeiterInnen in Israel eine beträchtliche Minderheit der ArbeiterInnenklasse aus welche – im Gegensatz zu israelisch-jüdischen ArbeiterInnen – keine Privilegien genießen. Darüberhinaus noch haben sie auch keine nationale Loyalität zum zionistischen Staat. Aus diesen beiden Gründen können sie einen wichtiger Verbündeter der palästinensischen ArbeiterInnenklasse sein, welche die Vorhut der kommenden Revolution innehaben wird. Arabische und jüdische RevolutionärInnen werden ihr Bestes tun, um Verbindungen zu diesen Schichten der ArbeiterInnenklasse aufzubauen.

 

Was sollten die Losungen der Machtfrage der Permanenten Revolution in Palästina sein?

 

Nachdem wir einige spezifische Bedingungen der permanenten Revolution herausgearbeitet haben, können wir nun die zentralen Aspekte für das Übergangsprogramm der palästinensischen Revolution zusammenfassen. Die GenossInnen der ISL haben wiederholt die Losung einer „ArbeiterInnen- und Fallahin-Regierung vom Jordanfluss bis zum Mittelmeer“ aufgestellt. Damit haben sie die korrekte Übergangslosung zur Machtergreifung herausgearbeitet – das heißt, für eine Regierung aufgerufen, wo die ArbeiterInnenklasse in einer Allianz mit den Bauern auf der Basis von Räten und bewaffneten Milizen die Macht ergreift, um die Bourgeoisie zu enteignen und das Tor zum Sozialismus aufzustoßen. Sie haben ebenso – durch den Gebrauch des arabischen Worts Fallahin(Bauern) – den palästinensischen Charakter der Regierung unterstrichen sowie die Notwendigkeit die armen Bauern in die revolutionäre Umwandlung einzubeziehen. Zu guter Letzt betont die Losung die Notwendigkeit die Macht im gesamten historischen Palästina („vom Jordanfluss bis zum Mittelmeer“) zu ergreifen. Natürlich kann es sein, daß durch die Zerstückelung Palästinas – in das seit 1948-besetzte Palästina/Israel, das Westjordanland und den Gaza – die Revolution sich ungleichmäßig entwickeln wird. Das heißt, daß sich der Kampf um die Macht sich in einem Teil weiter entwickeln kann bevor er einen anderen erreicht. Wenn also die ArbeiterInnen und Fallahin z.B. zuerst in Gaza die Macht ergreifen, müssen sie unverzüglich danach streben die Revolution auf ganz Palästina auszudehnen. Solch eine ArbeiterInnen- und Fallahin-Regierung muß für einen gemeinsamen Staat vom Jordanfluss bis zum Mittelmeer kämpfen der eine:

*Demokratische, palästinensische und multinationale Republik sowie eine

* eine Arbeiter- und Bauern-Republik sein muss.

Untersuche wir diese Frage genauer. Die Parole für einen gemeinsamen demokratischen Staat in ganz Palästina ist historisch und progressiv. Sie drückt die Sehnsucht der Palästinenser und aller fortschrittlichen Jüdinnen und Juden aus, den zionistischen Staat zu zerschlagen und ihn durch einen gemeinsamen Staat zu ersetzen. In diesem Staat werden alle Privilegien der israelisch-jüdischen Unterdrückernation abgeschafft, welche sie im jetzigen Apartheidstaat automatisch haben. Alle palästinensischen Flüchtlinge werden das Recht haben zurückzukehren. Da sie in ihrem Heimtatland eine 2:1 Mehrheit bilden werden sie den Charakter des zukünftigen Staates gestalten.

Solch ein demokratischer Staat wird ein palästinensischer Staat sein, da das palästinensische Volk historisch und auch aktuell die Mehrheitsbevölkerung stellt. Zusätzlich wird die vorantreibende Kraft in dieser Revolution die palästinensische ArbeiterInnenklasse und die Bauern sowie ihre arabischen Brüder und Schwestern der Region sein, nicht aber die relativ privilegierte israelisch-jüdischen Arbeiterschaft. Dies wird zweifellos den Charakter des zukünftigen Staates prägen.

Unsere Haltung ist dieselbe wie jene Trotzkis, als er die revolutionäre Perspektive für die Revolution im Apartheidsystem Südafrikas entwickelte. Angesichts der nationalen Unterdrückung der schwarzen Mehrheit stellte er fest, daß der zukünftige Staat, der dem Befreiungskampf entspringen wird eine „schwarze Republik“ sein wird:

Unter diesen Bedingungen wird die südafrikanische Republik in erster Linie als eine "schwarze" Republik entstehen; dies schließt natürlich weder eine volle Gleichberechtigung für Weiße noch brüderliche Beziehungen zwischen den beiden Rassen aus (was hauptsächlich von dem Verhalten der Weißen abhängig sein wird). Aber es ist vollkommen offensichtlich, daß die von sklavischer Abhängigkeit befreite überwältigende Mehrheit der Bevölkerung dem Staat einen gewissen Stempel aufdrücken wird. Insofern als die siegreiche Revolution nicht nur die Beziehung zwischen den Klassen, sondern auch zwischen den Rassen radikal verändern wird und den Schwarzen den Platz im Staat einräumen wird, der ihrer numerischen Bedeutung entspricht, wird die soziale Revolution in Südafrika auch einen nationalen Charakter haben. Wir haben nicht den geringsten Grund, unsere Augen vor diesem Aspekt der Frage zu verschließen oder ihre Bedeutung herabzumindern. Im Gegenteil, die proletarische Partei sollte in Worten und Taten offen und mutig die Lösung des nationalen (Rassen-)Problems in die Hand nehmen.[70]

In diesem Geiste definieren wir den zukünftigen Staat, für den wir in Palästina kämpfen, als „palästinensische Republik“.

Der neue Staat wird aus mehreren Gründen einen multinationalen Charakter haben. Erstens stellen wir in Rechnung, daß die migrantischen ArbeiterInnen in Israel eine bedeutende Minderheit innerhalb der ArbeiterInnenklasse darstellen. Darüber hinaus sind sie nicht Teil der privilegierten israelisch-jüdischen ArbeiterInnenaristokratie. Sie haben daher im Gegensatz zu den anderen nichts zu verlieren außer ihren Ketten. Aus diesem Grund muß die revolutionäre Losung der Machtergreifung wiederspiegeln, daß die migrantischen ArbeiterInnen im zukünftigen Staat in Palästina eine Rolle spielen sollen, sofern sie im Land bleiben wollen. Daher erkennt das revolutionäre Programm ihre vollen und gleichen Rechte an, wie gleicher Lohn, volle Staatsbürgerrechte, Gleichberechtigung der Sprache, etc.

Zweitens müssen wir beachten, daß es kleinere Minderheiten wie die 130.000 Drusen sowie den Beduinen gibt.

Drittens werden die Jüdinnen und Juden eine wichtige Minderheit in der zukünftigen ArbeiterInnen- und Fallahin-Republik sein. Wir haben gesagt, daß die Juden jegliche Privilegien verlieren werden, die sie im zionistischen Apartheidstaat hatten. Sie werden gleiche Staatsbürgerrechte haben wie alle anderen. Wie schon oben erklärt werden sie aber kein Recht auf nationale Selbstbestimmung haben. Aber das bedeutet nicht, daß sie überhaupt keine speziellen Rechte haben werden. Sie werden volle Staatsbürgerrechte und kulturelle Rechte besitzen – wie die Gleichberechtigung der hebräischen Sprache in allen Bereichen der Öffentlichkeit (Bildungssektor, Medien, Administration, etc.), öffentliche Restaurants mit koscherem Essen, Respekt für den Sabbat und andere heilige Tage, etc. Zusätzlich ist es wichtig, sich des marxistischen Konzepts der lokalen Selbstverwaltung zu erinnern, dem Engels und Lenin hohe Bedeutung zukommen ließen. [71] Solche lokalen lokale Selbstverwaltung werden allen Menschen – inklusive den Jüdinnen und Juden – die Möglichkeit geben, ihr Leben nach ihren eigenen Bedürfnissen zu organisieren.

Es ist aber ebenso wichtig die folgenden Einschränkungen zu verstehen. Wie wir vorhin gesagt haben, verteidigen MarxistInnen das volle nationale Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes. Dies beinhaltet ihr Recht auf Rückkehr in ihr Heimatland. Ihr Wunsch in ihre Häuser, Dörfer und Städte zurückzukehren steht über dem „Recht“ der israelisch-jüdischen Siedler weiterhin dort zu leben, wo sie gerade sind. Natürlich hat ein zukünftiger ArbeiterInnenstaat kein Interesse in irgendwelche chaotischen Vertreibungen. Aber wenn palästinensische Familien ihr Heim zurückkehren wollen, müssen sie dieses Recht haben. Natürlich ist es auch möglich, daß sie lieber in neuen Häusern leben, die in der Nähe ihrer alten Heimat sind. In beiden Fällen ist ein massives öffentliches Wohnungsprogramm nötig – um alternative Häuser entweder für die jüdischen oder für die palästinensischen Familien zu bauen – und dies wird ein zentrales Projekt des zukünftigen ArbeiterInnenstaates sein.

Wenn man bedenkt, welche außergewöhnlichen Privilegien die israelisch-jüdische Bevölkerung durch den zionistischen Staat genossen haben, ist es sehr wahrscheinlich, daß ein bedeutsamer Teil von ihnen nicht einem demokratischen Staat und in Gleichheit mit den Palästinensern akzeptieren wird. Wir haben diese Entwicklung in Afrika nach dem Ende der europäischen Kolonialreiche gesehen. Viele der weißen Kolonialsiedler haben das Land verlassen, da sie nicht akzeptieren wollten eine Minderheit in einem (formell) unabhängigen Land zu sein, in dem die schwarze Bevölkerung dominiert. Zum Beispiel brachte der Rückzug Portugals aus Mosambik und Angola einen großen Exodus mit sich, bei dem 95% der weißen Bevölkerung beide Länder verließen. In Simbabwe war dieser Exodus ebenfalls riesig. Die weiße Bevölkerung reduzierte sich von 296.000 im Jahre 1975 auf 120.000 im Jahre 1999 und auf 30.000 heute. [72] In Südafrika war diese Entwicklung weniger drastisch. Aber auch dort, und trotz der Tatsache, daß die weiße Bevölkerung ihre privilegierte materielle Position behalten konnte, verließen über 800.000 von 4 Millionen Weißen das Land seit 1995. [73] Berücksichtigen wir dabei, daß diese Entwicklungen stattfanden, obwohl all diese Länder kapitalistisch blieben und die reichen weißen Siedler ihre materiellen Privilegien behalten konnten. In einem ArbeiterInnenstaat werden die Reichen selbstverständlich ihren Reichtum verlieren, der dann zum Wohle der ganzen Gesellschaft eingesetzt wird.

Auf der anderen Hand, werden israelische Juden ein Leben in Frieden und Sicherheit leben können, ohne der permanenten Angst vor Kriegen und terroristischen Angriffen. Kurz gesagt, ein zukünftiger palästinensischer ArbeiterInnenstaat wird allen Juden, die den Verlust ihrer Apartheidprivilegien und die Einführung demokratischer Rechte für die palästinensische Mehrheitsbevölkerung akzeptieren können, ein friedliches Leben mit gleichen Rechten bieten.

Eine solche demokratische Revolution kann nur erfolgreich sein, wenn sie kombiniert wird mit einer sozialistischen Revolution die zur Diktatur des Proletariats führt. Daher muß eine demokratische Republik eine ArbeiterInnen und Fallahin-Republik sein.

Für MarxistInnen ist eine ArbeiterInnen und Fallahin-Republik nur ein anderer Name für einen palästinensischen multinationalen ArbeiterInnenstaat vom Jordanfluss bis zum Mittelmeer. Für dieses Ziel kämpfen die RCIT und ihre Sektion in Israel/ Besetztes Palästina. [74]

Die Aufgaben dieser ArbeiterInnen und Fallahin-Republik werden mannigfaltig sein. Sie wird die großen Kapitalisten, die hauptsächlich israelisch-jüdischer oder ausländischer Herkunft sind, enteignen müssen. Diese Enteignung ist unabdingbar, um die Wirtschaft nach den Bedürfnissen der Gesellschaft zu gestalten. Insbesondere wird eine geplante Wirtschaft notwendig sein, um die massiven Wiederaufbauprojekte zu organisieren, die dem palästinensischen Volk die Rückkehr ermöglichen und ein Leben in Wohlstand ermöglichen. Dadurch kann man auch die extreme Kluft zwischen den Lebensstandards zwischen Jüdinnen/Juden und PalästinenserInnen schließen.

Das zeigt einmal mehr die enge Beziehung zwischen der palästinensischen demokratischen Revolution und der sozialistischen Revolution. Die demokratische Aufgabe, den PalästinenserInnen ihr Heimatland wiederzugeben, kann verwirklicht werden, wenn der ArbeiterInnenstaat die Wirtschaft übernimmt. Nur so können die ökonomischen Mittel zum Zweck der (palästinensischen Mehrheits-)Gesellschaft eingesetzt werden anstatt für die israelisch-jüdische Kapitalistenklasse und der israelisch-jüdischen Unterdrückernation.

Dasselbe gilt für die Kontrolle des Landes. Zurzeit besitzen der zionistische Staat und/oder quasi-Staatsagenturen 93% des gesamten Landes (ausgenommen das Westjordanland und Gaza). Rund ¾ sind im direkten Staatsbesitz, rund 13% gehören dem Jüdischen Nationalfond und der Rest ist unter Kontrolle der Entwicklungsbehörde. [75] Auch im Westjordanland hat Israel jüdischen Siedlungen 43% des Landes verschafft. Zusätzlich wurden 18 bis 20% des Westjordanlandes wurden zu gesperrten Militärzonen gemacht und 10% zu Parkland. [76] All dieses Land muß nationalisiert werden und durch den palästinensischen ArbeiterInnenstaat übernommen werden. Es wird jenen armen palästinensischen Bauernfamilien gegeben werden, die fast überhaupt kein Land haben, oder in der Vergangenheit enteignet und vertrieben worden sind. Natürlich werden freiwillige Kooperativen beworben, um die Organisierung der großflächigen Landwirtschaftsproduktion möglichst effizient zu machen.

Der Kampf für so eine ArbeiterInnen- und Fallahin-Republik ist Teil der Perspektive einer Sozialistischen Föderation des Nahen Ostens, welche den Zusammenschluss aller Völker in der Region auf gleichberechtigter Basis darstellen würde.

Aus all diesen Gründen können wir unsere Perspektive in folgender Losung zusammenfassen: „Für eine Demokratische, Palästinensische, Multinationale und Sozialistische ArbeiterInnen- und Fallahin-Republik vom Jordanfluss bis zum Mittelmeer!“. Die agitatorische Kurzversion davon ist „Freies, Rotes Palästina!

 

Zur Losung eines „gemeinsamen demokratischen Staates in Palästina

 

Verschiedene linke Organisationen teilen unsere Perspektive des Kampfes für einen gemeinsamen Staat in ganz Palästina und das Recht auf Rückkehr für alle palästinensischen Flüchtlinge. Aber sie unterscheiden sich von den revolutionären MarxistInnen in der Frage des Klassencharakters eines solchen zukünftigen Staates. Während wir ganz klar sagen, daß es eine ArbeiterInnen- und Fallahin-Republik sein muss, also ein ArbeiterInnenstaat, bevorzugen sie es – in unterschiedlichen aber ähnlichen Formulierungen – für ein „vereintes Palästina, säkular, demokratisch und nicht rassistisch“ aufzurufen. So eine Perspektive ist nur allzu verständlich für kleinbürgerliche nationalistische palästinensische Kräfte, wie die PFLP und die DFLP oder revolutionär-demokratische Bewegungen wie Abnaa al-Balad. Es ist aber absurd, wenn solch eine Perspektive von Organisation aufgestellt wird, die sich selbst „trotzkistisch“ nennen. Insbesondere trifft das für zentristische Organisationen zu, die der Tradition von Nahuel Moreno entstammen. Sie erheben die Losung eines „vereinten Palästina, säkular, demokratisch und nicht rassistisch“ als eine unabhängige Losung und lehnen die Verbindung mit der Losung einer ArbeiterInnen- und Fallahin-Republik ab. [77] Doch nur eine klare Stellungnahme zur Klassenbasis eines demokratischen Staates kann die kleinbürgerliche Falle der menschewistischen Etappen-Theorie vermeiden, welche zuerst für eine (kapitalistische) Demokratie kämpft und erst später für eine sozialistische Revolution. Wenn die ArbeiterInnenklasse, im Bündnis mit der Bauernschaft und den Armen, nicht die sozialistische Diktatur erringt, werden automatisch andere Klassen herrschen. Mit anderen Worten, dann wird die Bourgeoisie – mit der Oberschicht des Kleinbürgertums – unvermeidbar die herrschende Klasse stellen, wenn die ArbeiterInnenklasse nicht unaufhörlich und systematisch ihren Staatsapparat (Armee, Administration) zerschlägt und die Wirtschaft übernimmt. Das ist der Grund, warum Trotzki die Stalinisten für ihren Gebrauch der alten bolschewistische Losung von vor 1917 – die „demokratische Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft“ – verurteilte und die Strategie der Permanenten Revolution entwickelte. In seinen Schriften zu den Lehren der Chinesischen Revolution von 1925-27 und dem Verrat der kleinbürgerlichen und bürgerlichen Kuomintang schrieb Trotzki:

Wenn man jetzt, wo wir eine gründliche Erfahrung mit der chinesischen Bourgeoisie und mit der „Demokratie“ gemacht haben und wo es absolut unstreitig ist, daß die „Demokratie“ in den künftigen Kämpfen eine noch schlimmere Henkersrolle spielen wird als in den vergangenen, die Losung der demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft ausgibt, heißt das einfach, einen Deckmantel für neue Varianten des Guomindangschtschina schaffen und dem Proletariat eine Falle stellen.“ [78]

Dennoch muß man sagen, daß die Stalinisten in den 1920er Jahren wenigstens über die “demokratische Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft” gesprochen haben. Die Morenoisten sind noch schlimmer und sprechen nur von einem „demokratischen Palästina“ ohne überhaupt das Proletariat zu erwähnen!

Eine linkere Version dieser morenoistischen Abweichung findet sich im Programm der GenossInnen der FLTI für Palästina. Sie stellen die Losung auf: „Für einen säkularen, demokratischen und nicht-rassistischen palästinensischen Staat der ArbeiterInnen- und armen Bauern-Regierung verteidigt, durch die selbstorganisierten und bewaffneten palästinensischen Massen![79]

Während solch ein Losung, welche für eine ArbeiterInnen und arme Bauern-Regierung aufruft, sicherlich linker ist als der LIT-Menschewismus, wiederholt er den Fehler des rechten Zentrismus der stalinistisch-bucharinistischen Komintern der 1920er Jahre. Sie legt den Klassencharakter des Staat nicht fest, den so eine ArbeiterInnen- und arme Bauernregierung aufbauen soll. Dadurch ist sie offen für eine menschewistische Etappen-Theorie.

Dennoch und trotz all dieser programmatischer Fehler, muß man sagen, daß die in Lateinamerika beheimatete morenoistische Tradition wenigstens weiß auf welcher Seite man bei Israels Kriegen stehen muß und ruft für den Sieg der palästinensischen und arabischen Völker auf! Das unterscheidet sie positiv von den imperialistisch-ökonomistischen und aristokratischen Strömungen in Europa und Nordamerika, wie CWI, IMT, die spartakistische Schule, etc.

 

Die Arabische Revolution und ihre Konsequenzen für den Palästinensischen Befreiungskampf

 

In unserem kürzlich erschienenen Dokument Thesis on the World Situation and the Tasks of the Bolshevik-Communists schrieben wir: “Aus offensichtlichen historischen und geostrategischen Gründen bleibt Palästina eine vordringliche Frage der Arabischen Revolution. Schon im November 2012 konnten wir die Stärke des palästinensischen Widerstandes sehen, als er den Gazastreifen heroisch gegen die zionistische Armee verteidigte. Angesichts des Hintergrunds dieses politischen und militärischen Sieges und der Stärkung durch die Welle der Arabischen Revolution, kann es sein, daß der palästinensische Befreiungskampf in eine neue Intifada mündet.“ [80]

Historisch gesprochen öffnete die Arabische Revolution ein neues Kapitel der Palästinensischen Revolution. Bis jetzt waren die arabischen Diktaturen – zusätzlich zu den imperialistischen Großmächten – die wichtigsten Säulen der Stabilität im Nahen Osten, welche sowohl den westlichen Großmächten die Kontrolle über die Region wie auch Israels seine privilegierte Position sicherten.

Die revolutionäre Welle, welche mehrere Diktaturen seit Anfang 2011 zum Sturz gebracht hat, wird unvermeidlich massive Konsequenzen für den palästinensischen Befreiungskampf haben.

Sicherlich, die ägyptische Moslembruderschaft von Mursi hat ihren pro-imperialistischen Charakter bereits gezeigt und es ist auch möglich, daß die Hamas den Weg von Arafats und Fatahs Kapitulation folgt und eine zweite Oslo-Übereinkunft unterzeichnet. Während solche Vereinbarungen Rückschläge im Kampf sind, bleibt die Tatsache bestehen, daß diese bürgerlichen Regimes in der halb-kolonialen arabischen Welt weit weniger stabil sind als die reaktionären Diktaturen von Nasser/Sadat/Mubarak, Gaddafi, Assad, Ben Ali etc., die die arabische Welt jahrzehntelang beherrscht haben.

Dennoch ist die entscheidende Frage, ob es der ArbeiterInnenklasse und den Unterdrückten im Nahen Osten gelingt rechtzeitig eine revolutionäre Partei aufzubauen. Eine solche Partei muß gegen die Bourgeoise und die klein-bürgerlichen Islamisten kämpfen. Diese Kräfte sind falsche Alternativen, die zwar radikal in Worten sind, aber sie dienen entweder direkt den Imperialisten (wie Mursi, Erdogan oder Ennahda) oder führen die Kämpfe durch Sektierertum, anti-proletarische Perspektiven und Taktiken in eine reaktionäre Richtung (wie al-Nusra in Syrien, und verschiedene Salafisten in Ägypten). Die revolutionäre Partei muß fortwährend die ArbeiterInnen und die Unterdrückten unterstützen um unabhängige Massenorganisationen aufzubauen – unabhängige Gewerkschaften, Volkskomitees und Aktionsräte, bewaffnete Selbstverteidigungskomitees etc. Sie muß das Recht der Frauen, der Jugend und nationaler Minderheiten verteidigen und sie muß den Kampf für demokratische Rechte mit der Perspektive der sozialistischen Revolution verknüpfen.

Der Kampf für die permanente Revolution in Palästina ist eng verbunden mit dem Schicksal der Arabischen Revolution. Eine erfolgreiche Revolution in einem arabischen Land, die die ArbeiterInnenklasse an die Macht bringt, hätte außergewöhnliche Folgen für die palästinensischen Massen. Ebenso könnte es nach dem Fall der arabischen Diktatoren einfacher sein Massenunterstützung in der arabischen Welt für den palästinensischen Widerstand – inklusive Waffen und Freiwillige – zu organisieren. Daher ist es auch verständlich, daß sich die herrschende Klasse in Israel vor der Arabischen Revolution fürchtet. [81]

Neue Kriege Israels gegen den palästinensischen Widerstand und/oder die arabischen Länder sind unausweichlich und der zionistische Staat könnte in diesen Kriegen Niederlagen erleiden. Das könnte wichtige Auswirkungen auf das Selbstbewusstsein der arabischen Massen und insbesondere auf die palästinensischen Massen haben und die Unterstützer des zionistischen Staates demoralisieren.

RevolutionärInnen sollten in Palästina in den kommenden Kämpfen mit einem Programm für eine „Demokratische, Palästinensische, Multinationale und Sozialistische ArbeiterInnen- und Fallahin Republik vom Jordanfluss bis zum Meer“ intervenieren und danach streben, palästinensische und anti-zionistische jüdische ArbeiterInnen und Unterdrückte zu organisieren. Die RCIT und ihre Sektion in Israel/Besetztes Palästina, die ISL, kämpfen für so ein Programm und für den Aufbau einer revolutionären Partei in diesen Ländern und international.

 



[1]Wir haben diese Zusammenfassung dem Kapitel “The Theory of Permanent Revolution and its Program for the Working Class Struggle” aus unserem kürzlich erschienen Buch von Michael Pröbsting: “The Great Robbery of the South. Continuity and Changes in the Super-Exploitation of the Semi-Colonial World by Monopoly Capital. Consequences for the Marxist Theory of Imperialism” entnommen. (für Details zu dem Buch, siehe www.great-robbery-of-the-south.net)

[2]Leo Trotzki: Die permanente Revolution, in: Leo Trotzki: Ergebnisse und Perspektive. Die permanente Revolution; Frankfurt a. M., 1971, S. 26ff.

[3]Siehe Gudrun Krämer: Geschichte Palästina, München 2002, S. 164-165

[4]Siehe: Israel at forefront of 'land grab' in poorer countries, 29 January 2013, http://www.middleeastmonitor.com/news/middle-east/5110-israel-at-forefront-of-land-grab-in-poorer-countries

[5]International Marxist Tendency: Perspectives for Revolution in the Middle East, 18 February 2013 http://www.marxist.com/perspectives-for-revolution-in-the-middle-east-part-1.htm

[6]Zur Frage der ArbeiterInnenaristokratie siehe auch folgendes Buch der RCIT: Michael Pröbsting: The Great Robbery of the South. Continuity and Changes in the Super-Exploitation of the Semi-Colonial World by Monopoly Capital. Consequences for the Marxist Theory of Imperialism, S. 228-240

[7]Yaron Druckman: CBS: 27% of Israelis struggle with Hebrew. Central Bureau of Statistics finds that Hebrew is native tongue of only 49% of Israelis; 12% of Arabs, 26% of Russians don't speak any Hebrew at all, 21.1.2013, http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4335235,00.html

[8]ISL: On Zionism, August 2009, http://www.the-isleague.com/on-zionism. Dieser Artikel gibt einen hervorragenden Überblick über die reaktionäre Geschichte des Zionismus und des Staates Israel.

[9] Siehe den Artikel unseres Genossen Yossi Schwartz: What is the meaning of the Zionist’s Offensive against the Haredi Jews? 25.3.2013, http://www.thecommunists.net/worldwide/africa/israel-haredi-jews

[10]Wir haben dieses Phänomen schon in den von unserer Vorläuferorganisation (MRCI/LRCI/LFI) herausgegebenen Thesen zu Palästina festgestellt: “Aber ein wesentliches Element des Nationalbewusstseins der israelischen Juden ist ihre unterdrückerische und chauvinistische Haltung gegenüber den Arabern. Die israelischen Juden haben ein Nationalbewusstsein herausgebildet, das sich von ihrer Selbsteinschätzung als Teil der jüdischen Weltgemeinschaft unterscheidet, gleichzeitig sind sie Angehörige einer Unterdrückernation; ihr Nationalbewusstsein ist nur entstanden durch die gleichzeitige Verweigerung des legitimen Rechts auf Selbstbestimmung für die. Palästinenser.” (MRCI: Thesen zu Zionismus, Israel, Palästina und arabischem Nationalismus, September 1988, in: Trotskyist International Nr. 2, S. 12, http://www.fifthinternational.org/content/theses-zionism-israel-palestine-and-arab-nationalism)

[11]Die ISL Genossinnen und Genossen stellten 2009 richtigerweise fest: “Unabhängig davon, ob die Israelis eine Nation bilden oder nicht, als Marxisten können wir nicht das Recht auf Selbstbestimmung für imperialistische Staaten unterstützen. Unsere Haltung steht in scharfen Gegensatz zu den Mittelschichts-Marxisten, die behaupten das Marxisten das Selbstbestimmungsrecht aller Nationen unterstützen, inklusive der imperialistischen.” (ISL: On Zionism, August 2009, http://www.the-isleague.com/on-zionism) Wir haben in den MRCI „Thesen zu Zionismus, Israel, Palästina und arabischem Nationalismus“ eine ähnliche Position formuliert: „Israel ist daher eine Unterdrückernation, und wir erkennen daher sein Existenzrecht als Nationalstaat nicht an.

[12]A. Said and Moshe Machover: Arabische Revolution und nationale Probleme im Arabischen Osten, Matzpen, in: GIM: die Internationale, März 1974, S. 84-121. Ungeachtet dieser politischen Fehler erkennen wir die wichtige Rolle von Matzpen an, die diese in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren als einzige hauptsächlich jüdische anti-zionistische Organisation in Israel gespielt hat. Sie kämpften gegen den Strom in Worten und Taten. RevolutionärInnen in Israel können heute auf ihre Courage und ihre Errungenschaften aufbauen und gleichzeitig ihre politischen Schwächen überwinden. Es sei auch erwähnt, dass unser Genosse Yossi Schwartz ein aktives Mitglied von Matzpen zu dieser Zeit war und einer der ganz Wenigen ist, die den Kampf gegen Zionismus und für revolutionären Marxismus heute noch weiterführen. Die meisten anderen haben entweder ihr politisches Engagement überhaupt beendet, oder sich wie Michel Warschawski in Richtung eines sozialdemokratischen Linksliberalismus entwickelt.

[13]Spartacists: Zionist Cops Murder Arab Strikers. For a Socialist Federation of the Near East!; in: Workers Vanguard #105, 16 April 1976, http://www.regroupment.org/main/page_wvpal.html

[14]IBT: For a Socialist Federation of the Middle East! Israel Out of the Occupied Territories! in: 1917 No.5 (Winter 1988-89) http://www.bolshevik.org/1917/no5/no05pala.html

[15]IG: For an Arab-Hebrew Palestinian Workers State in a Socialist Federation of the Near East, June 2010, http://www.internationalist.org/palestineworkersstate1005.html

[16]IG: Defend the Palestinian People! For an Arab/Hebrew Workers Republic in a Socialist Federation of the Near East! February 2001, http://www.internationalist.org/palestineintifada0201.html

[17]Alan Woods and Ted Grant: Marxism and the National Question, 25 February 2000, http://www.marxist.com/marxism-national-question250200.htm

[18]CWI: The crisis of capitalism and the naked role of imperialism are graphically manifested in the Middle East. Document No. 3, CWI 10th World Congress, 28.12.2010 http://www.socialistworld.net/doc/4736

[19]Peter Taaffe: Marxismus heute. Antworten auf Krieg, Kapitalismus und Umweltzerstörung (2006), S. 40

[20]CWI: World Relations. Document No. 1, CWI 10th World Congress, 26.12.2010 http://www.socialistworld.net/doc/4735

[21]Siehe: Palestinian Central Bureau of Statistics: Palestine in Figures 2012, Ramallah 2013, S. 10; Elior Levy: Report: Palestinians to outnumber Jews by 2020, 01.01.13, http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4327295,00.html; Asher Zeiger: Israel at 65: Population tops 8 million, April 14, 2013, http://www.timesofisrael.com/israel-at-65-population-tops-8-million

[22] Spartacists: Zionist Bloodbath in Jenin, in: Workers Vanguard No. 779, 19.April 2002, zitiert von den Spartakisten in ihrem Artikel: LRP: Apologists for Arab Nationalism, Workers Vanguard No. 796, 31.Januar 2003, http://www.icl-fi.org/english/wv/archives/oldsite/2003/LRP796.htm

[23] W.I. Lenin: Das revolutionäre Proletariat und das Selbstbestimmungsrecht der Nationen (1915); in: LW 21, S. 416

[24]G. Sinowjew / W. I. Lenin: Sozialismus und Krieg (1915); in: LW 21, S. 317f.

[25]W. I. Lenin: Die sozialistische Revolution und das Selbstbestimmungsrecht der Nationen (1916); in: LW 22, S. 144

[26]W. I. Lenin: Resolution zur nationalen Frage; Resolutionen der Sommerberatung des Zentralkomitees der SDAPR mit Parteifunktionären 1913; in: LW 22, S. 421

[27] W.I. Lenin: Das revolutionäre Proletariat und das Selbstbestimmungsrecht der Nationen (1915); in: LW 21, S. 416

[28]W. I. Lenin: Die sozialistische Revolution und das Selbstbestimmungsrecht der Nationen (1916); in: LW 22, S. 147

[29] Programm der Kommunistischen Partei Rußlands (Bolschewiki) (1919); in: Boris Meissner: Das Parteiprogramm der KPdSU 1906-1961, Köln 1962, p. 128

[30] Leon Trotsky: On the South African Theses (1935); in: Trotsky Writings 1934-35, p. 251. Deutsch in: Leo Trotzki:

Nationale Frage und nationale Minderheiten, herausgegeben von den Internationale Sozialisten, S. 11

[31] Siehe dazu zahlreiche Artikel der ISL wie z.B.: The ISL Position on Wars, August 2009, http://www.the-isleague.com/wars; ISL: The Zionist State Tries to Break Gaza Again – and Fails Again, http://www.the-isleague.com/gaza-war-2012-english.php. Die RCIT, bzw. ihre Vorläuferorganisation (MRCI/LRCI/LFI) hatte dieselbe Position. Siehe dazu u.a. MRCI: Theses on Zionism, Israel, Palestine and Arab nationalism (1989), in: Trotskyist International No. 2, http://www.fifthinternational.org/content/theses-zionism-israel-palestine-and-arab-nationalism; RCIT: New Wave of Israeli Terror against Gaza: Support the Palestinian Resistance! Defeat the Zionist killing machine! Statement from 15.11.2012, http://www.thecommunists.net/worldwide/africa/defend-gaza. Unser Genosse Yossi Schwartz arbeitet gerade an einer historischen Artikelserie über Israels Kriege, welche wir in Kürze veröffentlichen wollen.

[32]Michael Pröbsting: The Great Robbery of the South. Continuity and Changes in the Super-Exploitation of the Semi-Colonial World by Monopoly Capital. Consequences for the Marxist Theory of Imperialism, Kapitel 13

[33] International Marxist Tendency: Perspectives for Revolution in the Middle East, 18.Februar 2013 http://www.marxist.com/perspectives-for-revolution-in-the-middle-east-part-1.htm

[34] So schrieb z.B. der CWI-Führer Peter Taaffe in seinem Buch zur Geschichte von “Militant”: “Die demokratischen Rechte der 1.800 Falklandbewohner, inklusive dem Recht auf Selbstbestimmung wenn sie dies wünschten, war eine Schlüsselfrage im Bewusstsein der britischen Arbeiter. (…) Marxisten konnten dem Schicksal der Falklandbewohner nicht gleichgültig gegenüberstehen, besonders angesichts dessen, wie sich das Bewusstsein der britischen Arbeiterklasse zu dieser Frage entwickelt hat. (Peter Taaffe: The Rise of Militant, London 1995, Chapter 20 “The Falklands/Malvinas War”, http://socialistalternative.org/literature/militant)

[35] In unseren alten Thesen zu Palästina aus dem Jahre 1988 (welche wir oben zitiert haben) stellten wir fest, daß Israel kein imperialistisches Land ist, sondern eher ein “spezieller Typus von Halbkolonie”, ein einzigartiger, reaktionärer und hoch privilegierter Staat, der von imperialistischen Mächten abhängig ist. Die GenossInnen der ISL haben uns aber überzeugt, dass sich dies seitdem geändert und Israel zu einer kleinen imperialistischen Macht geworden ist.

[36] Stockholm International Peace Research Institute: Armaments, Disarmament and International Security, 2012, Summary, S. 13-14

[37] Zitiert in Daniel Doron: Breaking Israel's Monopolies, Wall Street Journal, 8. Oktober, 2010, http://online.wsj.com/article/SB10001424052748703440604575495710079605480.html

[38] Israeli multinationals back on track after a difficult year. Report of the Manufacturers Association of Israel, The Hebrew University of Jerusalem, the Tel Aviv University and the Vale Columbia Center, 12.12.2011, S. 1-2

[39] UNCTAD: World Investment Report 2012, S. 173

[40] The World‘s Biggest Companies, The Forbes Magazine, 18.4.2012, http://www.forbes.com/global2000

[41] Zentralamt für Statistiken (Israel): Statistical Abstract of Israel 2012, S. 1025

[42] United Nations Development Programme: Human Development Report 2013. The Rise of the South: Human Progress in a Diverse World, S. 144

[44] Siehe z.B. FLTI: Palestine: An Internationalist Revolutionary Position, International Workers’ Organizer, Brochure # 2, July 2009

[45] Leo Trotzki: Was Nun? Schicksalsfragen des deutschen Proletariats (1932); in: Schriften über Deutschland, Band 1, Europäische Verlagsanstalt 1971, S. 193ff.

[46] OECD: Society at a Glance 2011: OECD Social Indicators, 2011, S. 43 (Panel A: Annual median equivalised disposable household income in USD at current prices and current PPPs in 2007)

[47] United Nations Development Programme: Human Development Report 2013. The Rise of the South: Human Progress in a Diverse World, S. 144

[48] Phil Hemmings, Peter Jarrett, Charlotte Moeser: OECD Israel Economic Survey, 2010, S. 27

[49] OECD Economic Surveys: Israel, December 2011, Overview, S. 20

[50] The Growing Income Gap between Israel and Its Closest Neighbor, 11.November, 2011 http://knowledgetoday.wharton.upenn.edu/2011/11/the-growing-income-gap-between-israel-and-its-closest-neighbor

[51] Palästinensisches Zentralamt für Statistiken: Labour Force Survey 2012, Ramallah 2013, S. 110

[52] Palästinensisches Zentralamt für Statistiken: Labour Force Survey 2012, Ramallah 2013, S. 62

[53] Palästinensisches Zentralamt für Statistiken: Palestine in Figures 2012, Ramallah 2013, S. 18

[54] Zentralamt für Statistiken (Israel): Statistical Abstract of Israel 2012, S. 247-249. Die Angaben gelten für Migranten, die im Jahre 2011 einwanderten. Die Angaben für das Jahr 2011 sind weitgehend ident.

[55] Siehe dazu z.B.: Nina Gunić: Die Geschichte der Frauenbewegung und ihre Klassendifferenzen, in: Unter der Fahne der Revolution Nr.5 (2010), www.thecommunists.net/theory/klassenkampf-frauenbewegung

[56] Zu Wafa Idris und anderen shahidats siehe Meredith E. Ebel: My Body is a Barrel of Gunpowder: Palestinian Women's Suicide Bombing in the Second Intifada (2012). Dietrich College Honors Theses, Paper 147, http://repository.cmu.edu/hsshonors/147

[57] Siehe Sarah Levene: What was the Role of Palestinian Women in the First Intifada? 3.Oktober 2011, http://sarah-levene.blogspot.co.at/2011/10/what-was-role-of-palestinian-women-in.html

[58] Sai'da Nusseibeh: Palestinian culture and identity and the role of Palestinian women, Women's NGOs annual meeting-1997, http://www.mideastweb.org/palestinianwomen.htm; see also Marianne Torres: Women in the Intifada, Palestine Papers, Issue: August, 1989, http://www.sonomacountyfreepress.com/palestine/women2.html

[59] Rula Abu Daho: Palestina: The Second Intifada. The Women’s Movement at a Crossroads, 12.März 2008, http://www.cetri.be/spip.php?article385&lang=en

[60] Rula Abu Daho: Palestina: The Second Intifada. The Women’s Movement at a Crossroads, 12.März 2008, http://www.cetri.be/spip.php?article385&lang=en

[61] Inter-Parliamentary Union: Women in national parliaments (April 2013), www.ipu.org/wmn-e/classif.htm

[62] Maath Musleh: Women’s Activism in Palestine. From the Disappointment of the First Intifada to the Hope of a New Movement, 16. April 2012, www.deliberation.info/women-activism-in-palestine; siege auch das Interview mit Khitam Saafin (Vorsitzende der Union of Palestinian Women’s Committees): Why Hana al-Shalabi’s hunger strike is the focus of Women’s Day in Palestine, Jillian Kestler-D'Amours, The Electronic Intifada 7.März 2012 http://electronicintifada.net/content/interview-why-hana-al-shalabis-hunger-strike-focus-womens-day-palestine/11036

[64] Zentralamt für Statistiken (Israel): Statistical Abstract of Israel 2012, S. 602-604

[65] Adriana Kemp: Reforming Policies on Foreign Workers in Israel (2010), OECD Social, Employment and Migration Working Papers, No. 103, OECD Publishing, S. 9. http://dx.doi.org/10.1787/5kmjnr8pbp6f-en

[66] Zentralamt für Statistiken (Israel): Statistical Abstract of Israel 2012, S. 247 ff.;  Siehe auch Adriana Kemp: Reforming Policies on Foreign Workers in Israel (2010), OECD Social, Employment and Migration Working Papers, No. 103, OECD Publishing, S. 10. http://dx.doi.org/10.1787/5kmjnr8pbp6f-en

[67] Siehe dazu Michael Pröbsting: Marxismus, Migration und revolutionäre Integration (2010); in: Der Weg des Revolutionären Kommunismus, Nr. 7, http://www.thecommunists.net/publications/werk-7. Siehe auch das Unterkapitel “Value Transfer from the Semi-Colonial South to the Imperialist North: Migration” in unserem Buch von Michael Pröbsting: The Great Robbery of the South. Continuity and Changes in the Super-Exploitation of the Semi-Colonial World by Monopoly Capital. Consequences for the Marxist Theory of Imperialism, S. 179-188

[68] Siehe Yossi Schwartz: Fight against Zionist Racism and Fascism in Israel, 5.3.2013, www.thecommunists.net/worldwide/africa/fight-zionist-racism

[69] Zentralamt für Statistiken (Israel): Statistical Abstract of Israel 2012, S. 604-606

[70] Leon Trotsky: On the South African Theses (1935); in: Trotsky Writings 1934-35, S. 249; Deutsch in: Leo Trotzki:

Nationale Frage und nationale Minderheiten, herausgegeben von den Internationale Sozialisten, S. 13

[71] Siehe z.B.: W. I. Lenin: Staat und Revolution (1917); in: LW 25, S. 460-462

[72] Joshua Hammer: (Almost) Out of Africa: The White Tribes, World Affairs, Mai/Juni 2010 http://www.worldaffairsjournal.org/article/almost-out-africa-white-tribes

[73] Scott C. Johnson: Fleeing From South Africa, Newsweek, 13.2.2009 http://www.thedailybeast.com/newsweek/2009/02/13/fleeing-from-south-africa.html

[74] In unserer Vorläuferorganisation der MRCI/LRCI/LFI verwendeten wir die Parole eines “arabisch-jüdischen ArbeiterInnenstaates”. Während es im wesentlichen dasselbe meint (Das Recht aller Flüchtlinge auf Rückkehr, kein nationales Selbstbestimmungsrecht für die israelisch-jüdischen Siedler, etc.), hat diese Parole einen Nachteil gegenüber der Parole eines “palästinensischen multinationalen ArbeiterInnenstaates”. Sie drückt etwas weniger präzise den nationalen, demokratischen Aspekt der Permanenten Revolution aus – also der Tatsache, dass die Revolution nur siegen kann, nur demokratisch sein kann, wenn sie die Rückkehrrecht des palästinensischen Volkes garantiert, die als Resultat die Mehrheit in einem neuen multinationalen ArbeiterInnenstaat bilden werden.

[75] Siehe Israel Lands: Privatization or National Ownership? http://www.jewishvirtuallibrary.org/jsource/Society_&_Culture/land.html; Anshel Pfeffer and Yoav Stern: High Court delays ruling on JNF land sales to non-Jews, 24.9.2007 http://www.haaretz.com/news/high-court-delays-ruling-on-jnf-land-sales-to-non-jews-1.229946

[76] Equal Rights for Palestinians. Apartheid and Occupation, www.seamac.org/EqualRights.htm 

[77] Siehe z.B.: International Workers League-Fourth International (LIT-CI): One State – Palestine. For a secular, democratic and non-racist Palestinian state; in: New Epoch. Nummer 139, Mai 2008, http://internationalsocialistleague.org.uk/ileague-fourth-international/international-courier/foe-a-secular-democratic-and-non-racist-palestinian-state

[78] Leo Trotzki: Die Internationale Revolution und die Kommunistische Internationale. Dritter Teil: Ergebnisse und Perspektiven der chinesischen Revolution. Ihre Lehren für die Länder des Ostens und die gesamte Komintern (1928); in: Trotzki Schriften Band 2.1., Hamburg 1990, S. 359

[79] FLT: Appeal Of The Leninist Trotskyist Fraction: Let’s build a revolutionary internationalist Bloc, in: International Workers’ Organizer No. 1 (2008), S. 8; siehe auch FLTI: Palestine: An Internationalist Revolutionary Position, International Workers’ Organizer, Brochure # 2.Juli 2009

[80] RCIT: The World Situation and the Tasks of the Bolshevik-Communists (März 2013). Theses of the International Executive Committee of the Revolutionary Communist International Tendency, März 2013, www.thecommunists.net/theory/world-situation-march-2013

[81] Als Beispiel für die Angst der Herrschenden in Israel zitieren wir von einem Dokument, dass von einem ehemaligen IDF Generalmajor Danny Rothschild und Tommy Steiner für die Herzliya Konferenz 2012 geschrieben wurde: “Als Ergebnis kann man ein Jahr nach dem Beginn des Volkaufstandes in der Region kann man sagen, dass es nicht nur keinen Fortschritt bei den zwei zentralen Herausforderungen des Nahen Ostens gibt sondern das sich die Region zurückentwickelt, Arbeitsdokument für das Zwölfte Jahrestreffen der Herzliya Konferenz, 2012, S. 5, http://www.herzliyaconference.org/eng/?CategoryID=477&ArticleID=2358