KV-Abschluß bei Metallern ist ein Verrat der Gewerkschaftsführung!

Die Einschätzung des Metaller KV-Abschluß durch die RKOB

von Michael Pröbsting, 19.10.2011

 

Die Gewerkschaftsführung bezeichnet das Ergebnis der KV-Verhandlungen als „schönen Erfolg und sehr guten Abschluss“ (so die Chefverhandler von Pro-GE und GPA-djp, Rainer Wimmer und Karl Proyer). Die RKOB sagt: Nein, das Ergebnis ist eine Schande, angesichts dessen was möglich gewesen wäre und was notwendig ist!

 


Zuerst zu den Fakten: Das Ergebnis der KV-Verhandlungen bei den Metallern sieht eine durchschnittliche Brutto-Lohnerhöhung für die 165.000 ArbeiterInnen und Angestellten der Metallindustrie um 4.2 Prozent mehr Lohn und Gehalt. Die untersten Beschäftigungsgruppen (A und B) sollen einen Lohnzuwachs von 5.3 Prozent erhalten. Die Beschäftigungsgruppen C und D bekommen einen Zuwachs von 4.3 Prozent, die Gruppen E und F 4.3 Prozent, die Gruppe G 4.0 und die Gruppen H bis K 3.8 Prozent. Verbesserungen gibt es auch bei der Elternkarenz. Bisher wurden zehn Monate für ein Kind für die Gehaltsvorrückung angerechnet, ab 1. November werden 16 Monate für jedes Kind berücksichtigt. Der Mindestlohn für MetallerInnen soll von 1.515 Euro brutto auf 1.583 Euro angehoben werden.


Die Gewerkschaftsführung betrieb ihre Verhandlungen mit den Unternehmern im Geheimen. Ebenso unterzeichnete sie den Abschluß arrogant im Alleingang ohne die Basis in den Betrieben auch nur irgendwie zu befragen. Das zeigt, daß die Bürokratie von der Basis nicht beobachtet werden möchte und sich von den KollegInnen in den Betrieben schon gar nicht in ihre Entscheidungen reinreden lassen möchte. Als ginge es bei den Verhandlungen um irgendwelche Privatangelegenheiten der Bürokraten und nicht um die Löhne von 165.000 Metallerinnen und Metallern!

 

Was hätten wir erreichen können?

 

Hätte die Gewerkschaft eine völlig andere Linie verfolgt und konsequent gekämpft, dann hätte der Streik ein voller Erfolg sein können. Die Revolutionär-Kommunistische Organisation zur Befreiung (RKOB) hat in ihrem Flugblatt folgende zentrale Losungen aufgestellt:

* Unbefristeter Streik, bis ordentliche Lohnerhöhungen da sind!

* Zwingt die Gewerkschaftsführung zum Kampf! Aber vertrauen wir nur uns selber: Tägliche Streikversammlungen in den Betrieben! Wahl eines Streikkomitees in jedem Betrieb, das auch abgewählt werden kann!

* Den Streik auf andere Branchen ausweiten! Denn gemeinsam sind wir stärker! Für einen Generalstreik!

 

Doch die Gewerkschaftsbürokratie hat eine Politik der Anpassung gewählt und hat gegenüber den Unternehmern wieder einmal ein Rückgrat wie ein Gartenschlauch bewiesen.

Warum bezeichnet die RKOB dieses Ergebnis als Schande und als Verrat der Gewerkschaftsführung?

1.            Der Abschluß ist deutlich unterhalb der von der Gewerkschaft geforderten 5.5% Lohnerhöhung. Und selbst diese Forderung war schon viel zu wenig angesichts der rasch ansteigenden Inflation, der Lohnverluste in den vergangenen Jahren und der deutlich erhöhten Abgaben wegen dem SPÖ/ÖVP-Sparpaket vom Herbst 2010 und den darauffolgenden Kürzungen durch die jeweiligen Landesregierungen, in denen die ÖVP, die SPÖ, die FPÖ und die Grünen vertreten sind.


2.            Das Abkommen läßt den Unternehmern eine wichtige Hintertür offen: so sollen die Unternehmer von „Betrieben mit einer schwachen Ertragslage Ausnahmegenehmigungen erhalten“ das Recht haben, ihren ArbeiterInnen um 0.4 Prozent weniger die Löhne zu erhöhen. Wir wissen, wieviel die Unternehmer mit ihren Geschäftsbüchern tricksen, um weniger Steuern zu zahlen. Und angesichts der kommenden Wirtschaftskrise werden erst recht viele Unternehmer klagen, daß sie „Ausnahmegenehmigungen“ brauchen.

3.            Heuer hatte die Gewerkschaft – im Vergleich zu den vergangenen Jahren – eine bessere Ausgangsbasis, die Unternehmer in die Knie zwingen zu können. Denn noch nicht einmal das oft verwendete Argument „Draußen warten viele Arbeitslose auf eure Jobs“ konnten die ArbeiterInnen in ihrer Streikbereitschaft bremsen. Nächstes Jahr kann das angesichts der drohenden Wirtschaftskrise schon schwieriger sein.


4.            Das Ergebnis ist aber auch deswegen eine Schande, weil viel mehr möglich gewesen wäre. Die Metallerbranche stand faktisch geschlossen im Streik, die Bevölkerung unterstützt mehrheitlich den Streik und in den nächsten Tagen hätte der Streik zu einer Streikwelle, die auch andere Branchen umfaßt (Handel!), ausgeweitet werden können. Die Gewerkschaftsbürokratie der Metaller hat nun die KollegInnen im Handel – großteils Frauen – im Regen stehen lassen. Das erfolgreiche Beispiel der Metaller des Kärntner Betriebes "Haslinger Stahlbau GmbH“ zeigt, wie es anders gegangen wäre: Sie haben am 17.10. trotz Abbruchs der Gewerkschaftsführung weitergestreikt und den Betrieb besetzt. Der unter Druck gekommene Unternehmer sicherte ihnen daraufhin eine Lohnerhöhung von 5.5% zu sowie eine Rücknahme der angedrohten Produktionsverlagerung. (siehe dazu unser Interview mit dem Mitglied des dortigen Streikkomitees und RKOB Aktivisten Christian Hoff)


5.            Das Ergebnis ist auch deswegen eine Schande, weil die Basis zwar als streikendes Fußvolk mitmachen durfte, aber bei der Entscheidung über den Abschluß nicht mitreden konnte.


Zusammengefaßt: Wir hätten eine Massenstreikwelle bis hin zum Generalstreik entfesseln können, die von den Unternehmern weitreichende Zugeständnisse für alle ArbeiterInnen erzielen hätte können. Der schändliche Abschluß der Pro-GE und GPA-djp Gewerkschaftsführung hat das für das erste verhindert. Wir haben also eine große Chance vertan. Jetzt gilt es die Lehren daraus zu ziehen und Schlußfolgerungen für die Zukunft zu erarbeiten.

 

Der Feind in unseren eigenen Reihen: die Bürokratie

 

Der abgebrochene Metallerstreik zeigt eindrucksvoll das Hauptproblem der ArbeiterInnenbewegung: sie wird von einer abgehobenen, privilegierten Schicht von Bürokraten beherrscht. Diese sind über unzählige Posten und Privilegien mit dem Kapitalisten und dem Staat verbandelt (Aufsichtsräte, Parteiposten, Aktienbesitz usw.). Die Intervention von oben, wo sich die verschiedenen SPÖ- und ÖVP-Ministerinnen und –Minister zu Wort meldeten, zeigt auf, wie sehr diese Parteien dem Kapital dienen und wie sehr die Gewerkschafsfunktionäre sich ihnen unterordnen.


Die ganze Existenz dieser Bürokraten hängt also von dem gütlichen Auskommen mit den Kapitalisten und den Staat ab. Deswegen sind die Bürokraten so glühende Anhänger der Sozialpartnerschaft. Deswegen fürchten sie einen konsequenten Streik und andere Formen des Klassenkampfes. Deswegen fürchten sie eine Basis, die mitredet und sich eigenständig organisiert und kämpft.


Die Herrschaft der Kapitalisten – der Eigentümer der Betriebe – stützt sich auf die Hilfe und Zusammenarbeit der Gewerkschaftsbürokraten. Das kapitalistische Profitsystem könnte in Wirklichkeit heute gar nicht existieren, wenn es nicht die Bürokratie gebe, die leider einen führenden Einfluß innerhalb der ArbeiterInnenbewegung ausübt. Die Bürokratie stützt sich auf eine dünne Schicht von sehr gut bezahlten ArbeiterInnen, die Krümel von den Extraprofiten der KapitalistInnen, gewonnen durch die Ausbeutung der sogenannten Dritten Welt bekommen (der „Arbeiteraristokratie“). Diese dünne Schicht in der ArbeiterInnenklasse ist auf Grund ihrer privilegierten Position in der Regel empfänglicher für die sozialpartnerschaftliche Politik, die letzten Endes einen Verrat an den Interessen der gesamten Klasse bedeutet.


Wenn wir also eine kämpferische ArbeiterInnenbewegung aufbauen wollen, müssen wir zuerst einmal die entscheidenden Hindernisse dafür erkennen. Und dieses Hindernis sind nicht – wie es die Funktionäre gerne behaupten – die ArbeiterInnen, die angeblich so passiv und desinteressiert seien. Nein, die ArbeiterInnen haben gerade beim Metallerstreik gezeigt, daß sie kämpfen können und wollen. Das Hindernis ist die Bürokratie, sie ist der Feind in den eigenen Reihen. Die Bürokratie muß von der Basis aus der ArbeiterInnenbewegung vertrieben werden, damit die einfachen Arbeiterinnen und Arbeiter wieder die Kontrolle über ihre eigenen Organisationen übernehmen können.


Deswegen ist es in solchen Auseinandersetzungen wichtig, von Anfang an der Bürokratie mit Mißtrauen zu begegnen. Jene, die meinen, man solle den oberen Funktionären vertrauen, betreiben eine direkte Täuschung der ArbeiterInnen. Jene, die meinen, man müsse den Verhandlern nur durch Streiks den Rücken stärken, dann werden sie schon nicht umfallen, betreiben eine indirekte Täuschung der ArbeiterInnen. Nein, den Bürokratinnen und Bürokraten muß man immer und überall mißtrauen und man muß eine Perspektive weisen, wie die Basis sich organisieren kann, um nicht von den Umfaller-Bürokraten abhängig zu sein.

 

Die Basis organisieren

 

Wir – die AktivistInnen der RKOB – sagen daher, daß bei jedem Kampf die Entscheidungen nicht von abgehobenen Funktionären getroffen werden darf, sondern nur und ausschließlich von der Basis. Deswegen haben wir in unserem Flugblatt – im Unterschied zu den meisten sogenannten Linken innerhalb und außerhalb der Gewerkschaft – gefordert: „Zwingt die Gewerkschaftsführung zum Kampf! Aber vertrauen wir nur uns selber: Tägliche Streikversammlungen in den Betrieben! Wahl eines Streikkomitees in jedem Betrieb, das auch abgewählt werden kann!


Das bereits erwähnte Streikkomitees im Kärntner Betrieb "Haslinger Stahlbau GmbH“ – in dem auch die RKOB mitwirkte – zeigt, daß eine solche Mitbestimmung und Selbstorganisierung der Basis möglich ist.

Unsere Orientierung auf den Aufbau von demokratischen Streikkomitees ist in keinster Weise gegen Betriebsräte und Gewerkschaftsfunktionäre gerichtet. Im Gegenteil, alle ehrlichen Betriebsräte und Gewerkschaftsfunktionäre, die wirklich der Basis dienen wollen, sind in solchen Streik- und Aktionskomitees sehr willkommen. Aber das Sagen muß eben die Basis haben und nicht die abgehobene Bürokratenspitze.


In Zeiten, wo der Streik nicht aktuell ist, ist es vordringlich Aktionskomitees aufzubauen, in denen die AktivistInnen zusammenkommen und die gemeinsame Arbeit besprechen. Es gilt dabei, so gut wie möglich im Betriebsrat zu wirken bzw. Druck auf diesen auszuüben sowie die Belegschaft zu informieren und in Tätigkeiten einzubeziehen. Ebenso ist es sinnvoll, so gut es geht innerhalb der Gewerkschaft als Oppositionskraft zu arbeiten, denn so etwas Wertvolles wie die Gewerkschaften dürfen wir nicht den Bürokraten kampflos überlassen. Besonders wichtig ist es hier, innerhalb der Gewerkschaften für den Aufbau einer Basisbewegung zu wirken. Wir wollen die Basis organisieren, damit sie die Bürokratie aus der Gewerkschaft vertreibt und die Gewerkschaften wieder in demokratische und kämpferische Organe verwandelt.

 

Lehren für die nächsten KV-Verhandlungen 2011

 

Der Metallerstreik scheint vorbei zu sein. Aber es stehen jetzt weitere KV-Verhandlungen an. Am 19.10. beginnt der Handel und die Molkerei, am 27.10. die Reinigung und im November das Metallgewerbe und der Öffentliche Dienst.

Hier gilt es die Lehren aus dem Versagen der Gewerkschaftsführung bei den Metallern zu ziehen. Die Gewerkschaft muß mit einem unbefristeten Streik den notwendigen Druck auf die Unternehmer ausüben. Dieser Streik muß von Streikkomitees geleitet werden, die in täglichen Betriebsversammlungen während des Streiks gewählt werden und kontrollierbar und abwählbar sind. Entscheidungen über den Verlauf des Streiks und die Annahme eines Verhandlungsergebnisses dürfen nicht eigenmächtig von den Funktionären getroffen werden, sondern nur von der Basis auf den Betriebsversammlungen.

 

Perspektive

 

In unserem Flugblatt haben auf die außerordentliche Bedeutung des gegenwärtigen Kampfes hingewiesen. Wir haben dargelegt, daß sich die Welt momentan in Aufruhr befindet und viele Menschen sich gegen das kapitalistische System auflehnen. Denn so wichtig es ist, für eine Lohnerhöhung oder gegen Sparpakete zu kämpfen, so müssen wir uns auch bewußt sein, daß in diesem System des Kapitalismus ein sicheres Leben und Wohlstand nicht möglich sind. Die RKOB tritt daher für den Sturz des Kapitalismus und dem Aufbau einer räte-demokratischen, sozialistischen Gesellschaft ein. Um dies zu erreichen, müssen die einzelnen Kämpfe und Bewegungen miteinander zu verbinden und ihnen eine internationale Perspektive des Kampfes für die sozialistische Revolution zu geben.


Zu diesem Zweck wollen wir eine revolutionäre ArbeiterInnenpartei in Österreich und weltweit aufbauen. Wenn du diese Ziele teilst, werde mit uns aktiv! Schließ dich der RKOB an!