Gegen das Fremden(un)rechtspaket!

Offene Grenzen und gleiches Recht für Alle!


Von Nina Gunić

 

Im Februar dieses Jahres wurde eine neue Asylgesetzesnovelle verabschiedet, die einen der massivsten Angriffe seit Jahrzehnten  auf die Rechte von MigrantInnen – allen voran AsylwerberInnen – darstellt.

 

 

Das sogenannte Fremdenrechtspaket beinhaltet:


-,  Deutschkenntnisse auf der Stufe einer Basiskenntnis sind schon vor der Einreise notwendig. Sie müssen an staatlich anerkannten Institutionen im Heimatland der AsylwerberInnen erlernt worden sein. Staatlich anerkannt bedeutet in diesem Fall natürlich vom österreichischen Staat anerkannt – sprich: eine Reihe von Einrichtungen inklusive Universitäten werden in verschiedenen Fällen als wertlos eingestuft. Schon jetzt wird das so mit etlichen Ausbildungen, die wir MigrantInnen in unserem Heimatland erlangt haben, gehandhabt.


-, Auch hat sich die Regelung für diejenigen unter uns, die schon in Österreich lebende MigrantInnen ohne Aufenthaltsrecht sind, verschärft. Jetzt müssen MigrantInnen nämlich schon in zwei Jahren Deutschkenntnisse nachträglich erworben haben, die bisher in einem Zeitraum von fünf Jahren gelernt werden mussten. Wer die Staatsbürgerschaft beantragt, muss sogar Deutsch auf Maturaniveau beherrschen! Angesichts der Bildungspolitik der herrschenden Klasse gegenüber den Arbeiterinnen und Arbeiter, sowie deren Kinder erscheint das besonders heuchlerisch – immerhin beherrscht selbst ein Gutteil der InländerInnen nicht die Art von Sprachkenntnissen, die bei dem Asylverfahren abgefragt werden. Zumindest sind die Anforderungen, komplexe Fachtexte zu verstehen und aufsetzen zu können, selbst wenn sie nicht der eigenen Ausbildung oder den eigenen Interessen entsprechen, in einer nach dem Publikum orientierten Form nicht der allgemeine Bildungsstandard! Doch von uns MigrantInnen wird das fürs Erlangen des dauerhaften Aufenthaltsrechts bzw. der Staatsbürgerschaft verlangt.


-, Es wird eine Anwesenheitspflicht über AsylwerberInnen in der ersten Woche ihres Aufenthaltes verhängt. Bisher war das die „Gebietsregelung“, sprich AsylwerberInnen dürfen den Bezirkskreis der Asylstelle nicht verlassen. Jetzt wurde die Zulassungszeit sogar mit einer Anwesenheitspflicht am zuständigen Amt für 120 Stunden festgelegt: Sprich sie dürfen die Räume nicht verlassen, in denen sie die Erstaufnahme erwartet. Wenn sie doch die Räume verlassen, werden sie in Haft genommen. Es wird nämlich eine „rote Karte“ an die AsylwerberInnen abgegeben, dank der die Polizei sie sofort als solche erkennen kann. Was kommt als nächstes: Eine Tätowierung oder eine Plakette wie den im Dritten Reich zu tragenden „Judenstern“?! Zudem sind die 120 Stunden Asylkerker ausschließlich in der Obsorge des Bundeministeriums für Inneres und den durch sie bereitgestellte BetreuerInnen bzw. RechtsberaterInnen. Es gibt Kontaktverbot durch Dritte bzw. mit Dritten. Das macht uns absolut abhängig von der Willkür der Behörden. Abschiebungen in dieser Zeit könnten somit noch nicht einmal auf Rechtsgültigkeit durch das bürgerliche Recht geprüft werden, sondern „verschwinden“ im Nirvana der Bürokratie.

 

-, Die Schubhaft wird über die gesamte Familie verhängt und in einer „familiengerechten“ Unterkunft vollzogen. Das Alter der Kinder, die eine solche „familiengerechte“ Unterkunft beanspruchbar machen, wurde vom 18. auf das 16. Lebensjahr heruntergestuft. Die Schubhaft wird zwar nicht mehr zwangsweise auf die gesamte Familie (sprich auch auf die Kinder) verhängt, aber Eltern, die ihre Kinder nicht unter „freiem Willen“ mitnehmen in die Schubhaft werden durch Drohung auf Sorgerechtsentzug dazu genötigt.

 

-, Die Rot-Weiss-Rot Card ist eingeführt. Sie entspricht einem Aufenthaltstitel, der AsylwerberInnen einen zeitlich beschränkten Aufenthalt wie auch Erwerbsmöglichkeit einräumt. Die Rot-Weiss-Rot Card beinhaltet ein Punktesystem, das für die Ermittlung des Bleiberechts herangezogen wird. Die Punktekriterien werden an drei Kategorien (Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte in Mangelberufen, sonstige Schlüsselkräfte) jeweils anders ausgerechnet, beinhalten aber in jedem Fall:

 

a., Besondere Qualifikation, b., Berufserfahrung, c., Sprachkenntnisse sowie d., Alter.

 

Um ein Rechenbeispiel vorzulegen: Ein 41-jähriger Arbeiter, der eine abgeschlossene Berufsausbildung und in der gefragten Tätigkeit nur 9 Jahre Berufserfahrung in dem gefragten Beruf hat (kann bei Berufswechsel oder ähnlichem bekanntlich leicht passieren) und über grundlegende Deutschkenntnisse verfügt, hätte keine Chance auf Aufenthaltsgenehmigung selbst als „gefragte Schlüsselkraft“. Dasselbe kann einem ausgebildeten Facharbeiter mit zwei Jahren Berufserfahrung im Alter von über 30 Jahren mit denselben Deutschkenntnissen passieren. Oder einer 25-Jährigen Arbeiterin mit Fachausbildung, mit Erstkenntnissen in Deutsch und vier Jahre Berufserfahrung in der gefragten Tätigkeit. Selbst ein Studienabschluss mit hervorragenden Deutschkenntnissen und 2 Jahre Berufserfahrung in der  gefragten Tätigkeit ist für über 40 Jährige Arbeitskräfte eine unzureichende Qualifizierung. Es gibt noch dutzende weitere Rechenbeispiele, die zum selben Ergebnis kommen: qualifiziert in der gefragten Branche, aber nicht in den Raster passend, den der Staat festgelegt hat.


Hinzukommen die Tatsachen, dass die Rot-Weiss-Rot Card ausschließlich für bestimmte Fachkräfte in gerade „gefragten“ Branchen in der Zeit der Berufstätigkeit bzw. „Hochqualifizierte“ zu jeder Zeit (das sind UnternehmerInnen bzw. AkademikerInnen) gelten. Die Angehörigen erhalten eine Rot-Weiss-Rot Card plus, die an der Berufstätigkeit der „Fachkraft“ hängt und mit dem Jobverlust ungültig wird. Als ArbeiterIn ist man somit absolut davon abhängig, ob der/die Vorgesetzte einem wohlgesonnen ist. Unbezahlte Überstunden, schlechte Bezahlung, der Qualifikation nicht entsprechende Arbeiten, flexibler Arbeitseinsatz, usw. werden somit zu dank dem passenden Druckmittel sogar gegenüber hochqualifizierten MigrantInnen zum „Normalfall“ werden. UnternehmerInnen dagegen, die Profite einstreichen, Steuererleichterungen kassieren und am Ende Konkurs anmelden mit der Entlassung auch sämtlicher ArbeiterInnen dürfen mit derselben Asyl-Methode bleiben solange sie wollen. Sie steigen sogar in der absoluten Mehrheit der Fälle in das Kriterium der „Hochqualifizierten“ auf, wenn sie das anfänglich nicht waren aber mehr als zwei Jahre in Österreich ein Unternehmen leiten bzw. einen Führungsposten innehaben. Dafür kassiert man 40 Punkte – im Vergleich dazu muss einE ArbeiterIn mindestens 10 Jahre in Österreich als Fachkraft beschäftigt sein für dieselbe Punktezahl oder 20 Jahre im Heimatland.


Das Fremdenrechtspaket ist in der Tat ein „Fremdenunrechtspaket“ und macht AsylwerberInnen wie auch MigrantInnen noch stärker zu Rechtlosen, die der Willkür des kapitalistischen Staates absolut ausgeliefert sind. Es erweitert diese Willkür sogar auf die UnternehmerInnen, denn diese entscheiden mit der Beschäftigung nun auch über das Aufenthaltsrecht. Zudem werden sogar die im Rahmen des bürgerlichen Systems angebotenen Rechtsmaßnahmen (Anwälte, etc.) für die mit „roten Karten“ versehenen AsylwerberInnen (sprich diejenigen, die weniger als 120 Stunden im Land sind und deswegen die Räume der Behörde nicht verlassen dürfen) zum Fremdwort. Immerhin entscheidet das Bundesministerium für Inneres, und nur dieses, über das (Rechts-)Personal. Es ist sogar festgehalten, dass dieses zur „Objektivität“ gezwungen werden muss. Wohl um etwaige engagierte Anwälte wie diese von Vereinen wie purple sheep bereit gestellt werden auszusieben.


Gleichzeitig bekommen UnternehmerInnen und ihre Familien einen Freibrief bleiben zu können solange es ihnen beliebt, da sie ja besondere „Hochqualifizierte“ sind. Dabei sind es UnternehmerInnen, die an der massiven Arbeitslosigkeit, der Weltwirtschaftskrise und all ihren Folgen, ja am gesamten System der Unterdrückung und Ausbeutung Schuld tragen. In Wirklichkeit ist für diese Klasse, die herrschende Klasse, die Welt eine Welt ohne jegliche Grenzen.


Es ist eine Schande und gleichzeitig bezeichnend, dass die SPÖ diesem Fremden(un)rechtspaket zustimmt. Dies unterstreicht einmal mehr, dass die sozialdemokratische Bürokratie an den Kapitalismus gefesselt ist und in dessen Interesse eine migrantenfeindliche Politik betreibt. Sie versucht den Eindruck zu erwecken, die Interessen der Lohnabhängigen zu vertreten. In Wirklichkeit aber konzentriert sie sich auf die scheinbare Interessensvertretung der oberen, privilegierten Schichten der ArbeiterInnenklasse (auch ArbeiterInnenaristokratie genannt) statt auf jene der breiten Masse.


Die Revolutionär-Kommunistische Organisation zur Befreiung (RKOB) tritt für eine gemeinsame Kampagne der gesamten ArbeiterInnenbewegung (Gewerkschaften, MigrantInnenvereine, sozialdemokratische Organisationen usw.) und aller fortschrittlichen Organisationen gegen das Fremden(un)rechtspaket. Eine solche Kampagne darf sich nicht auf einen einmaligen Protest beschränken, so sehr wir auch die Demonstration am 27. April begrüssen. Eine ernsthafte Kampagne erfordert vielmehr die breite gemeinsame Organisierung von inländischen und migrantische ArbeiterInnen vor Ort. Sie erfordert den Kampf für gleiche Löhne, für volle Staatsbürgerrechte für MigrantInnen und AsylwerberInnen usw. Sie erfordert den Schutz – wenn notwendig auch unter Durchbrechung der Gesetze – von MigrantInnen, die von Abschiebung bedroht werden.


Der Widerstand gegen das Fremdenrechtspaket darf sich nicht auf die Gesetzesnovelle selbst beschränken. Wir müssen den Kampf gegen das rassistische Fremdenrecht, mit dem Kampf gegen das System, den Kapitalismus als solchen verbinden. Denn nur durch die Enteignung der KapitalistInnen, durch die Machtergreifung der Arbeiterinnen und Arbeiter mittels einer sozialistischen Revolution kann diesem Systems des Unrechtes und der Unfreiheit der Mehrheit der Menschheit zugunsten einer Handvoll wohlhabender KapitalistInnen ein Ende gesetzt werden!


Die Organisierung des Kampfes mit einer solchen sozialistischen Perspektive erfordert den Aufbau einer revolutionären Kampfpartei. Dafür tritt die RKOB ein. Schließ dich uns an!

 

Wir von der RKOB fordern:


-, Sofortige Abschaffung der Fremdenrechtspaketes, wie aller anderen Asyl-, Ausländer- bzw. Fremdengesetze!


-, Gleiches Recht für alle Menschen, unabhängig von Alter, Herkunft bzw. Nationalität, Geschlecht, usw. Wer hier bleiben will, soll umgehend und ohne bürokratische Schritte Aufenthaltsrecht bekommen! Alle sollen auch sämtliche sonstige Rechte zugesprochen bekommen (Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Ausbildungsplätzen, Zugang zu allen Beihilfen, Krankenversicherung, etc.)!


-, Nein zur Ausnützung der MigrantInnen als LohndrückerInnen! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, für einen Mindestlohn von 1300€ pro Monat, für gleiche Arbeitszeiten, gleiche Arbeitsrechte und gleiche Sozialleistungen!


-, Offene Grenzen sofort! Die herrschende Klasse, die UnternehmerInnen und deren Handlanger, haben schon lange das Monopol auf dieses Recht. Offene Grenzen müssen für alle geschaffen werden und dürfen kein Privileg der KapitalistInnen sein!


-, Aufbau von Komitees, organisiert von der ArbeiterInnenbewegung und den MigrantInnenvereinen, die gegen Abschiebungen, Schubhaft, sowie gegen rassistische Übergriffe gemeinsam mit den AsylwerberInnen ankämpfen! Gleichzeitig muss eine massive Aufklärungs- und Solidaritätskampagne in der Bevölkerung aufgebaut werden!


-, Für die Zerschlagung des Systems der Ungerechtigkeit und Unfreiheit, somit für die Zerschlagung des Kapitalismus! Schließen wir uns zusammen und schaffen wir eine revolutionäre Partei, die uns im Kampf für diese und weitere Forderungen organisiert und mit der wir eine bessere Welt, eine sozialistische Welt, erkämpfen können!