Lang lebe der Volksaufstand!

    Nieder mit dem Militärregime in Burkina Faso!            Führt den „Sub-Sahara Frühling“ hin zu einer Revolution!

Gemeinsame Erklärung der Revolu­tionär-Kommunistischen Interna­tionalen Tendenz (RCIT) und der Revolutionären Arbeiterorganisation (RCIT-Sektion in Pakistan)


www.rkob.net, 24.12.2014

 

1. Nach 27 grausamen Regier­ungsjahren wurde die Diktatur des Präsidenten Blaise Compaoré des we­stafrikanischen Staates Burkina Faso gestürzt. Compaoré wurde von ei­nem Volksaufstand zu Fall gebracht, nachdem er versuchte durch eine Verfassungsänderung zum fünften Mal in Folge ins Amt “gewählt” zu werden. Als die herrschende Partei – die Kongresspartei für Demokra­tie und Fortschritt (CDP) – versuchte einen entsprechenden Antrag am 30. Oktober im Parlament durchzuboxen, gingen hunderttausende Menschen auf die Straße. Nachdem Aktivisten sogar das Parlament stürmten und es dabei teilweise in Brand steckten, musste Compaoré zurücktreten und übergab die Macht an General Traore. Die Proteste aber gingen weiter so­dass die Macht der Armee übernahm und Oberstleutnant Isaac Zida, ehe­maliger stellvertretender Komman­deur der Garde des Präsidenten, mit dem 1.November zum Staatsober­haupt ernannte. Während die neuen Machthaber versprachen, “innerhalb von 12 Monaten Wahlen abzuhalten”, tarnt dieses heuchlerische Gerede nur einen reaktionären Versuch, den anhaltenden Volksaufstand zu unter­drücken.


2. Die tieferen Ursachen dieser demokratischen Revolution liegen in der Empörung gegen das autoritäre und korrupte Regime von Compaoré. Sein mehr als ein Vierteljahrhundert dauerndes Regime war nichts an­deres als eine reaktionäre Diktatur im Dienst imperialistischer Mächte. Nach der Machtergreifung durch ein­en Militärputsch im Jahr 1987 liquidi­erte Compaoré die meisten fortschrit­tlichen sozialen und wirtschaftlichen Errungenschaften seines Vorgängers, Thomas Sankara. Er privatisierte die meisten der verstaatlichten Unterne­hmen und ordnete sich dem Diktat des IWF unter. Wenig überraschend wurde Compaorés Vorgehen von der ehemaligen Kolonialmacht Frank­reich unterstützt. Während der letzten zehn Jahre war Compaoré einer der wichtigsten Führer Westafrikas und diente dem französischen und ameri­kanischen Imperialismus als Lakai bei ihren Konflikten in der Sahara und in Mali. Nach Angaben der Washington Post ist Ouagadougou, die Haupt­stadt von Burkina Faso, auch Heimat einer “Drehscheibe der US-Spionage- Netzwerk.”


3. Heute ist Burkina Faso eines der ärmsten Länder der Erde, welches laut dem Human Development Index der Vereinten Nationen beim durch­schnittlichen Pro-Kopf-Einkommen auf Platz 183 von 187 Ländern steht! Die durchschnittliche Lebenserwar­tung liegt unter 56 Jahre. Fast 45% der 17,5 Millionen Einwohner des Landes müssen mit weniger als 1,25 Dollar pro Tag auskommen und 38% aller Kinder im Alter von fünf und vi­erzehn Jahren sind gezwungen zu ar­beiten um überleben zu können. Die wirtschaftliche Not von Burkina Faso ist das Ergebnis der Überausbeutung durch imperialistische Monopole, während die permanente militärische Präsenz des „Westens“ im Land von seinem Lakaien, dem Diktator, zugelassen wurde.


4. Derzeit ist die Hauptgefahr für die aufständischen ArbeiterInnen und Bauern, dass die alte herrschende Elite versucht, die von Compaoré etablierte politische und soziale Ordnung aufrecht zu halten, allerd­ings ohne Compaoré. Folglich ist die zentrale Herausforderung für die AktivistInnen die Massenmobilisier­ungen fortzusetzen und das Militär­regime zu stürzen, das versucht den Volksaufstand einzudämmen und letztlich zu unterdrücken.


5. Die Massenbewegung sieht sich außerdem auch mit zahlreichen Hindernissen in den eigenen Reihen konfrontiert, die eine Verwirklic­hung ihrer Ziele verhindern könnten. Die Führer der Bewegung Balai Ci­toyen (“Citizen Broom”) – der Reg­gae-Musiker und Radiomoderator Sams’k Le Jah und der Rapper Smoke - sympathisieren mit den Ideen von Thomas Sankara, aber es fehlt ihnen ein konkretes Programm für die revo­lutionäre Umwälzung. Opposition­sparteien wie die kürzlich gegründete Volksbewegung für den Fortschritt werden von ehemaligen Beamten der CDP von Compaoré dominiert, die zu Beginn dieses Jahres aus dessen Partei ausgetreten sind. Sie haben kein In­teresse an einem tiefgreifenden Bruch mit der alten Ordnung. Natürlich werden die imperialistischen Mächte wie auch andere - ebenso korrupte und autoritäre - afrikanische Regime­führer intervenieren, um ebensolche unterwürfigen Herrscher wie es Com­paoré gewesen ist, auch in Zukunft an der Macht zu halten. Es besteht die reale Gefahr, dass, selbst wenn die Massen erfolgreich sind bei der Beseitigung von Oberstleutnant Zida, sie dennoch von einer Regierung von bürgerlichen Oppositionspolitikern betrogen werden.


6. Viele fortschrittliche Ak­tivistInnen in Burkina Faso und in anderen afrikanischen Ländern be­wundern Thomas Sankara, der einen Staatsstreich Jahr 1983 anführte und vier Jahre an der Macht war bis er von seinem ehemaligen Mitstreiter Compaoré ermordet wurde. Die Beli­ebtheit einer Figur wie Sankara unter den AktivistInnen in den aktuellen Massenmobilisierungen widerspie­gelt ihren Wunsch nach einer revolu­tionären und sozialistischen Umge­staltung. Wirkliche RevolutionärIn­nen können dem Kampf der Avant­garde am besten dadurch dienen, indem sie die Grenzen und Gefahren des politischen Programms Sankaras aufzeigen. Alle Revolutionäre sollten ihren Respekt für Sankaras Ehrlich­keit und Engagement für die Sache, für die Verbesserung des Lebens der Volksmassen, zum Ausdruck brin­gen. Im Vergleich zu den korrupten und dem Imperialismus gegenüber unterwürfigen Herrschern in anderen Ländern war er ein Heiliger. Es ist kein Zufall, dass er oft als “Afrikas Che” bezeichnet wird in Anspielung auf Lateinamerikas berühmtesten Revolutionär, Che Guevara. Sein Programm zur Verstaatlichung von Land und den natürlichen Ressour­cen, seine öffentlichen Gesundheits-und Bildungsprogramme, und sein Bestreben, den sozialen Status der Frauen zu verbessern, waren alle sehr fortschrittlich. Allerdings war San­kara nun mal ein kleinbürgerlich-na­tionalistischer Revolutionär und hatte somit kein Verständnis davon, dass eine sozialistische Umgestaltung, die von der ArbeiterInnenklasse geführt wird, das Ziel sein muss. Infolgedes­sen kam er auch nicht über Massen­mobilisierungen der ArbeiterInnen und Bauern, sondern durch einen Militärputsch an die Macht. Er hatte immer wieder schwerere Ausein­andersetzungen mit Gewerkschaften. Das Ergebnis dieser Politik war, dass es nach seiner Ermordung durch sein­en ehemaligen Gefährten während dessen Staatsstreiches im Jahr 1987, nur wenig aktiven Widerstand dage­gen in der Bevölkerung gab. Heute können ehrliche RevolutionärInnen am besten alle progressiven und ra­dikalen Ziele von Thomas Sankara dadurch würdigen, indem sie dem marxistischen Pfad der Organisierung und Mobilisierung der ArbeiterInnen und Bauern folgen. Ebenso sollten sie dazu die Machtübernahme durch einen bewaffneten Aufstand unter der Führung einer revolutionären Arbeit­erInnenmassenpartei vorbereiten.


7. Es ist im wahrsten Sinn des Wortes lebenswichtig, dass die hel­denhaft kämpfenden Massen die Leh­ren aus vergangenen Revolutionen ziehen, die es versäumt haben, ihre Ziele zu erreichen. Dazu gehören die jüngsten Aufstände in der arabischen Welt. Die RCIT hat wiederholt davor gewarnt, dass die Revolution sich nicht mit einem einfachen Austausch von Individuen an der Spitze des Sta­atsapparats zufrieden geben kann. Vielmehr müssen die ArbeiterInnen und Bauern sich darauf orientieren neue, auf den unterdrückten Volks­massen gestützte, demokratische Räteorgane zu bilden, die den alten diktatorischen Staatsapparat, der den Nährboden für Korruption und Missbräuche bildet, komplett zu er­setzen. Solche Räte sollten sich auf re­gelmäßige Versammlungen der Arbe­iterInnen in ihren Arbeitsplätzen und der Volksmassen in ihren Stadtteilen und Dörfern stützen. Solche Versam­mlungen ermöglichen Diskussionen und demokratische Entscheidungen zu den dringendsten Anliegen der Gesellschaft dort wo die Unterdrück­ten arbeiten und leben. Solche Vers­ammlungen bestimmen Delegierte, die sich in Stadt-, Dorf- und Region­alräten organisieren. Letztlich soll aus solchen direkten, demokratisch­en Organen eine Regierung gewählt werden. Alle Delegierten – ein­schließlich der gewählten Regierung – müssen Rechenschaft über ihre Taten ablegen und kann jederzeit ab­gewählt werden durch Versammlun­gen an der Basis. Eine solche Regier­ung könnte daher auch niemals gegen das Volk handeln, da sie sonst sofort entmachtet werden würde. Solch eine ArbeiterInnen- und Bauernrepublik würde nicht auf die alte und korrupte Armee gestützt sein, sondern auf die Macht der bewaffneten Volksmilizen. Eine solche Regierung würde Burkina Faso dahin führen seine Abhängig­keit von den imperialistischen Mono­polen zu durchbrechen. Sie würde die Schlüsselindustrien und Banken un­ter ArbeiterInnenkontrolle verstaatli­chen. Eine solche Regierung würde auch das Land nationalisieren, um freiwillige Agrargenossenschaften zu fördern und das Land den armen und landlosen Bauern zu überge­ben. Eine solche Reihe an Über­gangslosungen öffnet den Weg zu einer sozialist­ischen Revolution, in der die Arbe­iterInnen mit der Unterstützung der armen Bauern die Kapitalistenklasse enteignen und eine Arbeiter- und Bauernrepublik err­ichten können.


8. Auf Grundlage der Lehren gescheiterter Aufstände der Vergan­genheit, ruft die Revolutionär-Kom­munistische Internationale Tendenz (RCIT) alle ArbeiterInnen und Bau­ern auf sich in Aktionskomitees zu organisieren, um den Kampf gegen die neuen Militärmachtheber voran­zubringen. Solche Aktionskomitees müssen auch bewaffnete Selbstver­teidigungseinheiten bilden, um die Massen gegen die Armee verteidigen zu können. Sie müssen versuchen die einfachen Soldaten für sich zu ge­winnen, damit diese wiederum ihre Gewehre gegen ihre eigenen Gen­eräle richten. Ebenso müssen sie die Auflösung von reaktionären Armee- Einheiten wie der Präsidentengarde erkämpfen. Sie sollten dazu mobili­sieren den gesamten Stab von Com­paoré und seiner Freunde komplett zu entmachten. Die ArbeiterInnen und Bauern müssen eine revolution­äre verfassungsgebende Versam­mlung einberufen, um den Übergang zu einer neuen Regierung, die einfach die alte, korrupte Ordnung weiter­führen will zu verhindern.


9. Die Nachrichtenagentur Re­uters zitierte kürzlich einen Student­en, der am Volksaufstand in Burkina Faso teilnahm und folgendes kom­mentierte: “Das ist der Sub-Sahara- Frühling und er muss fortgesetzt werden gegen alle Präsidenten, die versuchen an der Macht zu bleiben.” In der Tat ist das so! Um dies zu er­reichen, müssen ehrliche Revolution­ärInnen in Burkina Faso alle Kräfte sammeln, um eine neue von Kapitali­sten, imperialistischen Institutionen und bürgerlichen Parteien unabhän­gige Partei aufzubauen. Eine solche Partei muss sich auf der ArbeiterIn­nenklasse stützen und für eine sozi­alistische Revolution kämpfen. Eine solche Partei muss den Kampf der Ar­beiterInnen und der Unterdrückten aller Länder anstreben – von Palästi­na und Ägypten, über Brasilien, Chi­na und Griechenland bis hin zu den USA. Um dies zu schaffen, muss eine solche Partei Teil einer fünften Arbeit­erInneninternationale werden.


Internationales Sekretariat der RCIT