Tunesien: Für die 2.Revolution

 

Von Max Kmiecik

 

Neue Diktatur oder neue Revolution? Diese Frage stellen sich, auf Grund der neuesten Ereignisse in Tunesien, nicht nur wir. Auch der neuen tunesischen (Noch-)Regierung, die sich nach den Wahlen im Oktober 2011 gebildet hat, ist bewusst, dass sich das Land in einem Wandel befindet.

Tunesien steht vor einer Weggabelung. Entweder schafft es Ennahda, die regierende bürgerlich-islamistische Partei, ihre neue politische Macht zu benutzen, um mit Gewalt den Willen der Volksmassen zu brechen, sowie die Köpfe der Menschen mit falscher Ideologie zu vergiften.

Oder aber die sozialen Widersprüche sind zu groß, als dass sich die Massen durch Prügel & Propaganda einlullen lassen.

 

Was ist los in Tunesien?

 

Am 8. April wird in Tunis jedes Jahr den DemonstrantInnen gedenkt, die 1938 für die Unabhängigkeit Tunesiens kämpften und von Soldaten der französischen Besatzungsmacht niedergeknüppelt und getötet wurden.

Und als dieses Jahr am 8.April 2.000 Menschen friedlich auf die Straße den Opfern 1938 gedachten, wurden sie wie diese niedergeknüppelt. Die Regierung hatte schon im vorhinein jegliche Demonstrationen verboten, um ihre neue Macht geltend zu machen. Sie schickte die Polizei los, um die Demonstration zu zerschlagen.

Was ist das aber für eine Regierung, die so was macht? Ist dieses Regierung besser, als das alte Regime von Ben Ali, welches die Volksmassen im Jänner 2011 erfolgreich gestürzt haben?

Wir sagen; NEIN! Diese Regierung ist nur das alte Regime mit neuem Gesicht. Die Ennahda hat bewiesen, dass sie keinen einzigen Funken des revolutionären Feuers für Freiheit & soziale Gerechtigkeit in sich trägt!

 

Warum kam Ennahda an die Macht?

 

Wie konnte so eine Partei nach der tunesischen Revolution die Macht erringen?

Die Wahrheit ist, diese Partei kam nicht an die Macht, weil sie das beste Programm hatte, um alle sozialen Probleme in Tunesien zu lösen. In Wirklichkeit hat diese Partei überhaupt keine Lösung anzubieten, um die steigende Arbeitslosigkeit zu besiegen oder um die unsicheren Arbeitsverhältnisse durch sichere Arbeitsplätze zu ersetzen oder um die niedrigen Löhne zu erhöhen oder die immer höher werdenden Lebensmittelpreise zu senken. Denn diese Probleme werden vom globalen Kapitalismus verursacht, und die Ennahda hat nicht vor, das kapitalistische System in Tunesien abzuschaffen. Die Ennahda ist nämlich Handlanger & Freund der kapitalistischen Eliten Tunesiens & der EU.

Aber wie konnte die Ennahda nun so viele Stimmen bei der Wahl bekommen? Der Hauptgrund liegt darin, dass sie in der Zeit der Diktatur von Ben Ali sich als starke Oppositionskraft etablierte. Das Regime warf 25.000 AktivistInnen von Ennahda ins Gefängnis. Dadurch konnte sie sich viel Glaubwürdigkeit erarbeiten.

Gleichzeitig gelang es der ArbeiterInnenbewegung – v.a. dem linken Flügel im Gewerkschaftsdachverband UGTT – und den revolutionären AktivistInnen nicht, eine tatsächliche starke, revolutionäre ArbeiterInnenpartei als attraktive Alternative zu Ennahda aufzubauen. Die maoistische PCOT versagte darin und besitzt auch kein Programm der sozialistischen Revolution.

Schliesslich konnte sich Ennahda nach der Revolution 2011 der zahlreichen Unterstützung aus der Wirtschaft und Verbindungen zum Staatsapparat erfreuen. Die Mächtigen wissen, dass sie Ennahda als neue Regierungspartei nützen können.

 

Was tun?

 

Wir brauchen in Tunesien keine Partei, die von Allah und „nationaler Einheit“ schwärmt. Allah wird uns nicht helfen, das müssen wir selber tun. Das Gerede „von nationaler Einheit“ lenkt in Wirklichkeit davon ab, dass es eine herrschende Elite in Tunesien gibt, die in unermesslichem Reichtum lebt, während die große Mehrheit kaum genug Geld zum Leben hat.

Was wir brauchen, ist eine Partei der unteren Volksmassen, also der ArbeiterInnen von Stadt & Land, und der bäuerlichen & städtischen Armut. Eine Partei, die nicht gebunden ist an irgendwelche großen Besitztümer.

Eine Partei, die tatsächlich für eine Gesellschaft kämpft ohne eine Kapitalistenklasse, die Wirtschaft & Politik in ihrem Würgegriff gefangen hält.

Dazu brauchen wir eine revolutionäre ArbeiterInnenpartei in Tunesien und international.

Der Erfolg einer sozialistischen Revolution hängt aber nicht nur vom Aufbau einer solchen Partei ab. Er ist ebenso geknüpft an den Aufbau von demokratischen Organen der Volksmassen in Betrieben, Schulen, Universitäten, Städten und Landkreisen, die im Kampf gegen die herrschende Klasse entstehen. Denn letztlich muss eine wahre demokratische Gesellschaft von UNTEN organisiert sein und nicht von einer Bürokratie von OBEN kontrolliert werden.

Die RKOB (Revolutionär-kommunistische Organisation zur Befreiung) schickt ihre solidarischen Grüße nach Tunesien an alle Revolutionäre und Revolutionärinnen! Lasst uns gemeinsam kämpfen! Lasst uns eine revolutionäre 5.Internationale aufbauen und ArbeiterInnen aller Länder der Welt vereinigen!