Günter Grass und die Freunde Israels

 

Von Michael Pröbsting

 

Der deutsche Schriftsteller Günter Grass veröffentlichte am 5. April in mehreren Zeitungen Europas ein Gedicht „Was gesagt werden muss …“. Darin warnt er vor einem Krieg gegen den Iran. Ebenso weist er auf die Heuchelei des Westens hin, der den Iran wegen des angeblichen, zukünftigen Baus einer Atombombe mit Raketen angreifen möchte, während Israel selber seit langem hunderte Atombomben besitzt.

Sein Gedicht bringt die berechtigte Sorge und den Abscheu vieler Menschen gegen die neuerliche Kriegshetze der imperialistischen Großmächte USA und EU sowie Israels zum Ausdruck. Es enthält natürlich weder eine Analyse noch eine klare Perspektive, wie denn dieser Krieg zu verhindern sei. Das kann man vom deutschen Schriftsteller auch nicht erwarten, denn er ist ja kein Marxist, sondern ein Kleinbürger, der seine wohlmeinenden, von harmlosem Pazifismus geprägten Ideen vertritt.

All das wäre nicht weiter erwähnenswert … wäre, ja wäre nicht als Reaktion auf sein Gedicht ein Sturm der Verdammnis über Günter Grass hereingebrochen. Zahlreiche Möchtegern-Intellektuelle, die die treue Freundschaft zum Apartheid-Staat Israel zum geistigen Untersatz ihres Broterwerbes gemacht haben, bezichtigten ihn des „Antisemitismus“. Seien es Linke in Worten und Rechte in Taten oder solche, die rechts in beidem und rechtschaffend in keinem sind – sie alle bekunden ihre Solidarität mit jenem Staat, dessen Existenz seit seiner Entstehung auf der Vertreibung und Unterdrückung des ganzen palästinensischen Volkes beruht.

Der Staat Israel, in dessen Gefängnissen tausende PalästinenserInnen ohne Anklage verrotten und der regelmäßig mit modernsten Raketen und Kriegsflugzeugen Männer, Frauen und Kinder im Gaza-Streifen abschlachtet – diese hochmoralische Instanz hat gar ein Einreiseverbot über Günter Grass verhängt.

Geradezu ein Symbol für die Verkommenheit jener, die Günter Grass ewige Verdammnis wünschen, ist Eli Yishai – der israelische Innenminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten. Er bezeichnete den deutschen Schriftsteller als „Nazi“ und erklärte ihn zur unerwünschten Person. Yishai ist natürlich Experte in solchen Fragen. Als Vorsitzender der rechtsradikalen Shas-Partei will er Asylwerber in Arbeitslager sperren. Gesundheitsexperte ist Yishai auch und weiß daher zu berichten, daß Homosexuelle krank seien. Ebenso will er MigrantInnen den Verbleib in Israel verbieten, denn diese würden nur „Krankheiten wie Hepatitis, Tuberkulose und AIDS“ ins Land bringen. FPÖ-Chef Strache, der selber erst kürzlich seine Liebe für Israel entdeckte und bei einem offiziellen Besuch bekundete (im Unterschied zu Günter Grass war dieser von der Regierung Netanyahu herzlich willkommen) hätte hier also einen kongenialen Partner. Man sieht, Antisemitismus und Israel-Freundschaft lassen sich durchaus unter einen Hut bringen.

Glücklicherweise gehört die Welt aber nicht nur den HC Strache‘s, Eli Yishai’s, Heribert Schiedels und Thomas Schmidingers.

Es gibt auch fortschrittliche Initiativen – wie die „Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ – die Günter Grass in einer Aussendung „für seine aufrichtige Aussage in bezug auf die Atompolitik Israels“ gratulieren.

Noch wichtiger, es gibt den breiten Widerstand der Unterdrückten, die sich in Palästina, Libanon, Ägypten und auch in Israel selber gegen das zionistische Terror-Regime zur Wehr setzen. Und es gibt auch zahlreiche ArbeiterInnen und Jugendliche im Westen, die nicht tatenlos zusehen wollen, wie ihre Regierungen einen imperialistischen Angriffskrieg gegen den Iran vorbereiten. Diese Massen können den Krieg verhindern, können die Weltgeschichte verändern, können aus dem Schlamassel und dem Elend von heute das Morgen der Freiheit erschaffen. In diesen Reihen ist nicht nur unser Platz, sondern der von all jenen, die einen neuerlichen Massenmord im Nahen Osten durch die USA, EU und Israel verhindern wollen.