„Identitäre“ – Faschisten                           im neuen Gewand

Artikel von Marko Nikolić

 

Die Organisation der Wiener Identitären Richtung (W.I.R.) sorgt seit geraumer Zeit in Medien und sozialen Netzwerken für Aufmerksamkeit. Identitäre fallen auf: Durch verschiedenste  Aktionen, wie dem Stören eines von der Caritas veranstalteten afro-haitianischen Tanz-Workshops durch einen identitären Flashmob*, ausgerüstet mit Tiermasken, einem vorbereiteten Angriff auf das Schwulen/Lesben Lokal Marea Alta, die Besetzung der Votivkirche durch eine Gruppe Identitärer, die angeblich auf Asylmissbrauch aufmerksam machen wollten, in Wirklichkeit aber die 40 – 50 Asylsuchenden bedrohten, die sich in der Kirche zurückzogen hatten und auch einen Hungerstreik unternahmen, um nicht abgeschoben zu werden, oder die Erstellung von Youtube-Videos, in welchen sie erklären, warum sie angeblich weder Rechte noch Rassisten sind.  Das sind nur einige Beispiele von Vielen. Allein in den letzten Monaten gab es vermehrt Übergriffe. Ob auf Moscheen, Kindergärten oder Kulturvereine, nicht alle sind eindeutig den Identitären zuordenbar, aber eines ist klar: In der rechten Szene geht einiges vor sich.

 

Sie nennen sich selbst Ethnopluralisten, Verteidiger des Abendlandes und berufen sich gerne auf rechte Größen wie Thilo Sarazzin. Die ersten Identitären gingen dem Rechtsextremismus-Experten Heribert Schiedel zufolge in Frankreich aus einer verbotenen neonazistischen Organisation hervor.  Dabei versuchen sich die Identitären in Interviews und Stellungnahmen von rechtsextremen Gruppen und Neonazis klar zu distanzieren. Das ist nicht nur unglaubwürdig, weil die Bewegung im Grunde aus durchaus bekannten Neonazis und Rechtsextremen verschiedensten Mileus*, sowie WKR-Burschenschaftern und deren Umfeldern besteht, sondern auch aufgrund der vertretenen Theorien. Auf veröffentlichten Fotos finden sich zum Beispiel identitäre Aktivisten mit Unsterblich-Masken, einer Neonazi-Organisation, deren Mitglieder im Hooliganmilieu eines Fußballvereines zu finden sind.

 

Die ideologischen Werte der Identitären

 

Die faschistische Organisation betont ihre kulturelle Herkunft und deutet gleichzeitig geschichtliche Ereignisse, wie die Belagerung Wiens durch ein Heer des Osmanischen Reichs, um. Die Mitglieder geben sich modern und brechen mit dem klassischen Bild der Rechten. Sie geben sich systemkritisch, manchmal alternativ und versuchen eine „wir-halten-dagegen“ Position einzunehmen. Die Fehler der verschiedensten Vorgängerorganisationen werden professionell vermieden.

 

Begriffe, welche der breiten Öffentlichkeit bereits bekannt sind, wie Blut-und-Boden oder „völkisch“ und ähnliche, werden durch neue ersetzt und deren Inhalt gezielt umformuliert. Beispiele sind der Begriff Ethnopluralismus, Reconquista oder das Hervorstreichen der eigenen Ethnie* in Verbindung mit konstruierten Verpflichtungen dieser gegenüber. Eine dieser Verpflichtungen ist deren Erhalt und Bewahrung, was „fremde“ Ethnien und deren „fremde“ Identität zu ausdrücklichen Bedrohungen für die eigene Seite macht. Hervorgerufen wird dieses angebliche Problem durch Migration und die damit verbundene Entstehung einer modernen multikulturellen Gesellschaft. Weitere gerne verwendete Feindbegriffe und Begriffe sind Massenzuwanderung, Islamisierung*, Tradition, Patriotismus*, EU-Diktatur oder auch schlicht Heimat.

 

Ihre soziale Basis ist in erster Linie die Studentenschaft, das radikalisierte* Kleinbürgertum*. Ähnlich, wie es schon bei den Nazis war, sind die „Akademiker“ ihre erste Bastion.

 

Vorbereitung von Schlägertrupps

 

Die europaweit gut vernetzte identitäre Szene beweist immer wieder, was hinter ihrer gerne aufgesetzten Fassade der identitätsbewussten,  jungen, rebellischen Aktivisten wirklich steckt. In Frankreich, Deutschland und überhaupt, wird im Umfeld der Organisation mit eigenen Mitgliedern aber auch Sympathisanten Kampfsport unterrichtet. Dabei wird auch versucht über angebotenes Selbstverteidigungstraining, wahlweise mit einem für Rechte seltenen Schwerpunkt auf Frauen, immer neue unzufriedene Jugendliche an sich zu ziehen. Nebenbei werden die Interessierten mit dem ideologischen Konstrukt der Identitären konfrontiert. Trainiert wird schließlich nicht umsonst. Potentielle neue Aktivisten bringen oft genug von selbst einen ausgeprägten Sinn für Volk und Vaterland mit.  Ist dieser nicht ausgeprägt genug, wird einfach auf Vergleiche mit Begriffen wie Kultur oder Ethnie zurückgegriffen. Zusätzllich werden Sommerlager und ähnliches veranstaltet. An finanziellen Mitteln dürfte es dabei kaum fehlen. Das ganze dient natürlich einem übergeordneten Zweck. Es sollen „Bürgerwehren“ organisiert werden. Deren Einheiten müssen zum einen gut ausgebildet sein und zum anderen wissen, dass bestimmte Dinge und Wörter vor einer Kamera lieber nicht erwähnt werden sollten. Schließlich ist es nicht leicht die eigene Identität zu bewahren.

 

Wozu diese Bürgerwehren dienen sollen, ist recht offensichtlich. Minderheiten und politische Feinde werden durch Propaganda* und Aktionen direkt eingeschüchtert, oder zum verstummen gebracht. Die Faschisten erobern die Straßen. Die typischen Feindbilder werden auch nach Außen übernommen. Wenn nötig, neu verpackt und wirksam in der Gesellschaft verbreitet. Durch die frühe Errichtung paramilitärischer* Strukturen, einer Kommandogruppe, welche bestimmtes Vorgehen plant, und die Abhaltung passender Übungen, wird ein zukünftiger Ausbau der Einheiten, zu regelrechten Miliz-Verbänden grundlegend vereinfacht. Regulär rekrutiert sich der harte Kern der Fußtruppen, sowie nahezu sämtliche Führer und Ideologen, die sogenannten Kader der Faschisten, aus lange bekannten „Anti-Antifa-Einheiten“ (sprich Einheiten, die gegen Antifaschisten vorgehen), autonomen Nationalisten und schon lange bestehenden Neonazischlägerbanden. Die nötigen Erfahrungen in Sachen taktischem und medialem Vorgehen haben die Führer der Identitären damit längst gemacht und verfügen zudem über erprobte, ausgebildete und hochmotivierte Angriffseinheiten. Nicht grundlos häufen sich gut organisierte und erfolgreiche rassistische und reaktionäre* Übergriffe europaweit und auch hier in Österreich. Ob nun gegen MigrantInnen, Linke oder Asylsuchende, die in einer Kirche Schutz suchen.

 

Auf einer entsprechenden Ebene dagegenhalten können in Europa nur die wenigsten politischen Gruppen und Organisation.

 

Es ist höchste Zeit, das Aufkommen dieser neuen Faschisten und ihre Formierung zu durchbrechen. Es ist höchste Zeit für aktiven Anti-Faschismus gegen die alten Faschisten im neuen Gewand!

 

Wir stehen für:

 

* Aufbau von Selbstverteidigungseinheiten der ArbeiterInnenbewegung und MigrantInnen, um sich gegen faschistische Übergriffe zu wehren und auch kulturelle und religiöse Einrichtungen von MigrantInnen (Vereine, Moscheen, etc.) gemeinsam zu schützen!

 

* Aufbau einer revolutionären MigrantInnenbewegung, die uns MigrantInnen organisiert und sich als Teil der revolutionären Bewegung für eine Fünfte Internationale ArbeiterInnenpartei versteht!

 

* Für eine breite Anti-Rassismus Kampagne der ArbeiterInnenbewegung, die von Gewerkschaften und anderen ArbeiterInnenorganisationen zusammen mit MigrantInnenvereinen geführt wird und gegen jede Form von Rassismus und Faschismus aufklärt!

 

 

 

Quellen:

 

http://www.profil.at/oesterreich/das-weltbild-identitaeren-353357

 

http://diepresse.com/home/panorama/wien/1343041/Neun-identitaere-Wiener-besetzten-Votivkirche

 

http://fm4.orf.at/stories/1707631/

 

http://fm4.orf.at/stories/1707626

 

http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/3811210/Identitaere-Bewegung_Rechts-oder-rechtsextrem

 

http://www.vice.com/alps/read/in-wien-greifen-nazis-menschen-an-157

 

http://www.stopptdierechten.at/2013/02/13/die-braunen-rander-der-identitaren-iv/

 

http://sugarbox.at/2014/09/29/schwule-toten-warum-eigentlich/comment-page-1/

 

http://library.fes.de/pdf-files/dialog/10649.pdf

 

http://www.stopptdierechten.at/2014/05/16/internationale-nazi-mobilisierung-zur-identitaren-demonstration-2/

 

http://schmetterlingssammlung.net/2014/05/13/identitare-burgerwehren-in-frankreich/

 

https://www.logo.at/esoinfo/die-identitaeren